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Berlin 2015

Vom 9. März bis 26. Juni 2015 durfte ich das Berliner Atelier der Zentralschweizer Kantone zum Arbeiten und Leben benutzen; dies dank dem Atelierstipendium für Zentralschweizer Kunstschaffende, das mir der Kanton Obwalden im Jahr 2013 zugesprochen hat.
Für mich war es einmalige Gelegenheit, diese pulsierende Grossstadt für vier Monate auf mich einwirken zu lassen. An diesem Abenteuer möchte ich Euch gerne teilnehmen lassen. Die täglichen Aufzeichnungen sind in Deutsch und Tschechisch.

Alles Liäbi, Doris Windlin

 

 

Vorbereitung auf Berlin

  

 Leinwände am Boden

 

Am Freitag 21. Februar konnte ich endlich meine 30-Meter Leinenrolle holen. Es war zwar zu wenig für all die geplanten Keilrahmen, jä nu, aber ich konnte endlich mit meiner Fabrikation beginnen!

 

Erste Reaktionen vom 1. März auf den Startschuss des Berliner Blogs….

 

Danke für den Link. Drei Zentner Holz, das ist nicht schlecht für den Anfang. Hannes E.

 

Doris, je to super napad, libi se me to. Preju ti, ta to tam malirsky poradne rozjedes. S laskou, Katka R.

 

Liebe Doris

Da gratuliere ich Dir sehr herzlich! Eine Herausforderung wird es allemal sein, sowohl als Malerin als auch im Sozialen, aber da habe ich grad gar keine Angst, dass Du ganz viel daraus machen wirst. Und ich freue mich, wenn ich von Zeit zu Zeit nachlesen kann, was Du erlebst und wie es Dir geht. Ganz viel Glück, reiche Begegnungen und gute Erlebnisse, das wünsche ich Dir herzlich, Ursula R.

 

Liebe Doris

Für die kommende Zeit in Berlin wünsche ich dir alles Liebe und Gute. Vor allem schöne Begegnungen mit interessanten Menschen und deren Milieu und viele tolle Malerlebnisse und Arbeiten. Ich werde dir sicher auf atelier@atelier-doris.cz schreiben und deinen Blog verfolgen. Viel, viel Glück!! Herzliche Grüsse Ruth B.

 

Mila Doris,

Tak štastnou cestu, at ti to tam hezky maluje, at Berlinane te mají rádi, at obdivují tvé obrazy a at ti barevné videni nekazi žádné problémy. Teším se na tebe v kvetnu S láskou Zuzana D.

 

Have fun and enjoy painting the city life! Xxxxx Christine Brewer www.mill-little.com

 

Milá Doris, moc ti to preju a teším se až uvidím obrazy, které tam namaluješ :-) S láskou Jana R.

 

Milá Doris, preji hodne štestí a tvurcí inspirace. S Agapé  Bohouš R.

 

Liebe Doris

Es freut mich, dass du diesen Preis gewonnen hast. Gerne verfolge ich deinen Aufenthalt in Berlin. Ich wünsche dir viele interessante Begegnungen und natürlich "gutes Sehen". Auch ich freue mich auf den Frühling, wo ich draussen malen kann. Ich merke, ich bin keine Ateliermalerin. Good Look Martha aus Uri

 

Liebe Doris

Alles klar bei dir? Sitzest du bereits auf Gepäcktürmen? Ich wünsche dir eine gloriose Ankunft in Berlin und viel Spass und Energie...

Dir auch alles Liebe

Doris M.

 

Držím palce, Doris! Jan Š. :-)

 

Mila Doris, preju ti hodne stesti na tvem  pobytu v Berline!

zdravi, Alena Z.

 

Mila Doris

Das sieht nach Arbeit aus! Frohes Schaffen, spannende Motive und interessante Begegnungen. Alles Gute und sonnige Grüße Beni

 

Danke Euch allen für die Rückmeldungen und die guten Wünsche!

 

 

Reaktionen vom 2. 3. 2015 / Reakce z 2. 3. 2015 Liebe Doris Dazu gratuliere ich dir und ich wünsche dir eine wunderschöne Berliner-Zeit. Viele neue Eindrücke, viel Neues und vorallem nette gute Mitmenschen. Alles Gute und liebe Grüsse, Doris und Richi Sch.

 

Milá Doris, :-) dìkuji moc za Tvou zprávièku. Tvùj blog budu ráda sledovat. Stejnì peèlivì, jako sleduji zpovzdálí Tvùj malíøský život a vše, co dìláš pro LIDI. Jsi skvìlá a já Ti stále držím palce ve Tvých nejen umìleckých, ale i lidsky krásných poèinech. Srdeènì zdravím, Jitka B.

 

Liebe Doris, danke für die blog-Adresse, auf der ich mich freue! von dir zu hören. Ich bin ja auch so ein Chaot und kann es mir vorstellen... oder auch nicht ganz, wie du die ganzen Sachen mit nach Berlin in deinem Auto nimmst. Und Terry hat mir gesagt, du nimmst noch eine Freundin mit, die das Auto wieder nach Podevousy zurück bringt. Also vorne kein Gepäck! Aber du bist ja die beste Packerin forever!!!!! Machs gut und gute Reise! Grüessli Jris Sch.

 

Díky, štastnou cestu a bohatý „úlovek“ pøeje Richard B.

 

Hoi Doris Ich winsche dier ganz fiu und gueti Arbete. Bi gschpannt uf dini Zwischemäldige. Gueti Reis und alles Gueti Marta S.

 

Ahoj Doris, asi se už neuvidíme, tak si to parádnì užij a pøeji inspiraci a spoustu nových zážitkù! A už se tìším na fotografie a snad i výstavu v Èechách! Tak mì napadlo, když jste oba pryè, kde máte pejska? Nedovedu si pøedstavit èlovìka, kterému bych mohla svìøit toho svého :-) Mìj se krásnì, Radka V.

 

Liebe Doris, Ich wünsche Dir von Herzen eine glückliche und inspirierende Zeit in Berlin!!! Bernadette H.

 

 

"S Päckli"

 

Am Montag kam mit einem Lastwagen dieses Päcklein (150 kg).

 

...und was war das?

 

 

 

 Leisten für Keilrahmen!

 

 Leinwände fertig

 

Am letzten Freitag, 27. Februar hatte ich alle Leinwände fertig! Hurra das war vielleicht ein Marathon!

 

 

5. 3. 2015 Nächste Reaktionen aus Holland und von Kerns

 

Liebe Doris, Wir wuenschen dir viel Glueck und ein wunderbahr schoene Zeit in Berlin zu! Berlin ist ein Stadt wo viel zu sehen und zum malen ist. Durch deine Augen sind wir gespannt um zu sehen, was fuer schone Bilder entstehen! Liebe Grusse aus Holland, Louis und Monique

 

Hallo dui

Grössenwahn ist ja nicht ein thema.. ich hoffe du hast platz für alles und vor allem genug zeit!!! Freue mich schon auf alles was daher kommen wird! Fahr gut und ein gelungener anfang nächste woche. Und denk immer griechenland könnte warten Love terry

 

6. 3. 2015 Sachen gibt’s! Vor zirka einer Stunde rief mich ein Herr an. Ob er mir zwei Fotos mit mir drauf zusenden dürfte und ob ich sie ihm unterschreiben würde. Lauthals musste ich lachen, da ich dachte, dass jemand von meinen tschechischen Freunden einen Scherz mit mir macht. Doch der Herr lachte nicht! So fragte ich nach, warum er das wolle? Er sammle Autogramme von Persönlichkeiten… Nun konnte ich einen Lachkrampf nicht mehr vermeiden. Und ich versprach ihm, dass ich die Autogramme für ihn mache!

 

Reaktionen vom 7. 3.

 

Liebe Doris Vielen Dank für die Informationen betr. Aufenthalt in Berlin. Von Herzen viel Freude, Glück und gute Realisierungen die Deinen Vorstellungen entsprechen. Lasse Dich aber nicht zu sehr unter Druck setzen! Mir geht`s gut! Alles Liäbi, guäti Reis und Aendspurt bim Packä und Ladä Elisabeth H.

 

Hallo liebe Doris Wie doch die Zeit vergeht. Erst hast du erzählt, dass du den Stipendium Preis erhalten hast, nun bist du eifrig am Vorbereiten und zusammenpacken und in wenigen Tagen geht es nun los. Pass bloss auf, dass man dich vor lauter Gepäck im Auto noch findet. Also Doris, ich wünsche Dir viele schöne Malmotive, Inspirationen sowie tolle Begegnungen mit kreativen, unkomplizierten Menschen. Ich freue mich, deinen Blogg verfolgen zu können und noch vielmehr freue ich mich, wenn wir gemeinsam ein gutes Bier trinken;) und du spannendes über Berlin erzählst. Viel Glück und alles Liebe wünscht Dir Ruth D. :)

 



Abschiedsfeier in Podevousy (nachmittags danach...)

 

Süsser Reiseführer aus Podevousy....

Herzlichen Dank für die Marzipantorte!!!!

 

Endlich gepackt und es kann losgehen....

9. 3. / 9:30 Uhr

 

 

Auf nach Berlin

 

 

 Stadtplan

 

MO 9. 3. Ankunft in der Auguststrasse 83 in Berlin. Wunderschönes Jugendstilhaus mit unendlich langen Gängen und schweren, massiven Türen. Die Atelierwohnung liegt „nur“ im 5. Stockwerk mit 78 Treppenstufen. Das Auto zum Abladen am gegenüberliegenden Strassenrand abgestellt... ca. 100 Leinwänden in jeder Grösse... dazu Farben, die wohl für ein Jahr reichen würden... und anderes…. Fazit: Alles muss da in diese Wohnung rauf, dreistündiges Treppensteigetraining ersetzt das beste Fitnessstudio!

 

 Atelierhaus

Angekommen!

 

Und so lebt sich's in der luftigen Berliner Höhe in der Atelierwohnung "Honegger"

 

 

DI 10. 3. Der Mensch besteht aus vielen Muskeln, endlich weiss ich wo alle sind! Mit Helen L. mache ich mich auf Fahrradsuche…. Wir werden fündig und ich kaufe gleich zwei.

  mein Velo

Mein Fahrrad ist grau, Jahrgang vermutlich vor 68, da ich als kleines Mädchen, als meine Beine noch zu kurz zum Treten waren, genau auf so einem Velo die Kunst des Fahren erlernt hatte. Keine Gangschaltung nur Vorderbremse und Rücktritt. Das reicht.

 

Der Himmel ist verhangen, es regnet leicht.

 

 

Email vom 11.3 .2015

Hi Doris - hope you have arrived well in Berlin and have already begun with your first paintings! Lots of love from Christine and Paddy

 

Hallo dui

Bisch guäd aa cho? Und hesch berlin scho im griff?........oder hed berlin dich im griff Bis bald terry

 

Liebe Doris

Ich wünsche Dir eine gute und vor allem kreative und inspirierende Zeit in Berlin. Und ich freue mich sehr mit Dir, dass Du die Möglichkeit erhalten hast und ich bin gespannt auf Deine Bilder Heb Sorg und ä liebä Gruess Heidy H.

 

 

 

MI 11. 3. Im Morgenverkehr fahre ich zum Einkaufen, versuche die Regeln ausfindig zu machen, wann fährt man auf der Strasse, wann auf dem Gehweg. Ich lerne den Stil aber schnell von anderen Verkehrsteilnehmern und nehme es auch nicht genau, kreuz und quer, wie alle!

 

Um 13 Uhr beteiligen wir uns am Oranienplatz an einer Aktion gegen das Ateliersterben in der Stadt Berlin. Die Kunstschaffenden wehren sich, dass bezahlbare Räume an Immobilienhaie verkauft werden. Die Folge: Ateliers müssen Hotels und Luxus-Lofts weichen, werden zur Spekulationsmasse. Slogan der Protestaktion: KUNST ZIEHT AN UND NICHT AUS! Meine Unterschrift bekommen sie, klar, und dafür kriege ich auch so eine schöne schwarze Protestkiste.

  

Beim Glühwein in der Kneipe lässt der Kellner nicht locker, will genau wissen, was das für eine Aktion war und als ich ihm mein Flugblatt zeige, nimmt er es an sich, als hätte ich es ihm angeboten. Der Beizer zeigt auch grosses Interesse an meiner Protest-Kiste, die ich aber selber weiter verwenden will. Ich verspreche ihm aber, dass wenn ich noch eine auftreiben könne, die dann seine werde. Und der absurde Zufall will’s, eine ist verloren auf einem Baum hängen geblieben!

  

Also ich habe 100 Prozent mein Versprechen eingelöst, mit dieser Kiste die Leute auf das Künstler-Dilemma der Stadt aufmerksam zu machen!

 

 

Der Alexanderplatz

 

 

 

DO 12. 3. Am Morgen bereite ich meine Farben auf die Palette vor. Und alles Malzeug stecke ich in den Rucksack. Mit meinem Malwagen, den ich leihweise von Megi und Pius Suter bekommen habe, wage ich mich heute noch nicht auf die Strasse. Am Nachmittag ziehe ich mit einem vollbepackten Fahrrad los. Direkt zum Alexanderplatz.

 

Ich hoffe ja, dass ich trotz meiner Orientierungsschwierigkeit den alles überragenden Fernsehturm immer finden kann! Helen erledigt für mich, während ich male, in den umliegenden Geschäften den Einkauf all der Dinge, die ich vergessen habe mitzunehmen. Engel, nennt man so einen Menschen. Der Himmel ist verhangen, es ist kalt und windig, aber kein Regen. Helen fängt mit der Videokamera alles ein, was Interessantes um mich herum passiert. Die Leute, die aus etwas Distanz ein Foto von der Malerin auf dem Alexanderplatz machen, die zwei Polizeiautos, die glücklicherweise nicht wegen mir auftauchen, die Strassenbahn, die unablässig Leute weg- oder auch hinfährt.

 

Ich möchte nämlich während den ganzen vier Monate hier, dass meine Besucher ihre Eindrücke von Berlin mit meiner Digitalkamera aufnehmen und am Schluss – quasi als Nebenprodukt – ein visuelles Gesamtwerk entsteht.

Nach drei Stunden bin ich total durchfroren. Auf dem Heimweg kehren wir ein, zwei Glühweine brauche ich, bis mein Schlottern aufhört. Aber ich bin überglücklich, mit Malen begonnen zu haben und viele schöne Begegnungen erlebt zu haben.

- Ein Mann der mir längere Zeit über die Schulter guckte, bemerkte dann in schönstem Berlinerisch, dass ich die Lebendigkeit des Alexanderplatzes wirklich voll und ganz aufs Bild brächte.

 

- Ein junger Mann, der erklärte, er sei auch Maler und sei auf der Suche nach einem Liegestuhl, den er dann in der Stadt aufstellen wolle, weil er aus dieser Perspektive völlig entspannt seinem Handwerk frönen wolle.

 

- Oder die Gerlind. Sie überraschte mich mit ihrer fröhlichen und offene Art, machte mich auf meine orangefarbig gewordene Backe aufmerksam, nahm ein Taschentuch hervor, ein bisschen Spucke drauf... - schallendes Lachen von uns allen… wir kennen das alle von unserer Mutti!

 

 Ich bin begeistert von der Herzlichkeit der Berliner und total glücklich.

 

Liebe Doris

Hoffentlich kommt bald der Frühling in Berlin und dein Frieren hat ein Ende am Alex. Da entstehend doch schon sehr spannende Bilder…und langweilig wird es dir so wie wir das sehen bestimmt nicht! Heb sorg mit dem Velo!

Wir feierten dieses Wochenende den 90. von Herrn Kutra mit verschiedenen Ausstellungen und einer Matinée mit Cello im „alten“ Kunstseminar. Farbige Flächen und spannende Töne!

 

Heb di warm und herzliche Grüsse

BIM (Beni, Irene und Majka)

 

Mila Doris

Tvoje obrazy vypadaji velmi dobre, jsou tak krasne ladene mestsky do seda a pak tam mas fotku s Kutrovyma obrazama a je to bomba take.

S laskou, Katka R.

FR 13. 3. Am Morgen mache ich mich mit einem neuen Bild per Fahrrad zum Alexanderplatz. Auf dem Alexanderplatz irre ich herum, weil ich meinen gestrigen Standplatz kaum wiederfinde. Mit einer hochformatigen Leinwand, die viel grösser als die vom Vortag ist, setze ich mir in den Kopf, dass ich den Turm ins Bild hineinbringen will. Ich kämpfe mich ab, leide, weil nichts zu stimmen scheint, auch der Wind setzt mir ziemlich zu. Nicht jammern, muntere ich mich selber auf…, heute hat der Kunstmaler und Pädagoge Radoslav Kutra seinen 90. Geburtstag und zu diesem großartigen Ereignis darf eine Malerin doch schon etwas leiden. Denn ohne ihn wäre ich nie zur Malerin geworden, ohne ihn würde ich nie die Erkenntnis bekommen haben, was das farbige Sehen wirklich bedeutet!

Ich bin tief in das Motiv versunken, da kommt eine Frau und fragt mich nach der Littenstrasse am Alexanderplatz. Ich ziehe meine Stadtkarte aus dem Rucksack und wir suchen gemeinsam Milllimeter für Millimeter ab…und werden fündig. Sie umarmt mich dankbar und zieht ihres Weges. Kurze Zeit später  kommt ein Passant, der sucht eine Strassenbahnlinie, wo man alle Sehenswürdigkeiten abfahren kann. Ich kann ihm nicht weiterhelfen und werde nicht umarmt! Olga, eine Kunsthistorikern, bewundert mein Bild (das mich beinahe zur Verzweiflung bringt), macht Fotos von mir, weil sie mich zu Hause zeichnen will. Eine schöne Moskauerin knipst Fotos und will eine Visitenkarte. Die Kälte wird unerträglich, ich packe zusammen. In diesem Moment kommt ein Banker in eleganter Kleidung auf mich zu; er möchte mir nur sagen, dass es schön sei, dass ich hier male. Er hätte mich die ganze Zeit aus seinem Büro aus beobachtet. Warmem Büro! denke ich, und verspreche, am Montag sicher wieder auf den Alexanderplatz zu kommen, um weiter an dem Bild zu arbeiten. Jetzt will ich aber in die Wärme meiner Wohnung.

Gegen Abend installieren Helen und ich dann endlich meinen Malwagen. Ein ziemliches „Knorz“ wird das, so dass ich bald fast zu warm bekomme. Aber er fährt am Schluss! Zur Belohnung gehen wir aus, finden Clärchens Ballhaus nur ein paar Strassen weiter. Die Belohnung ist geglückt.

 

SA 14. 3. Es regnet. Gut, so kann ich endlich daheim nacharbeiten und Ordnung in meine Sachen bringen. Und am Nachmittag im Regenwetter, mit Hut bedeckt und unseren Fahrrädern, gehen wir einkaufen. Wollen endlich herausfinden, was für ein Gebäude das ist mit der riesigen, goldenen Kuppel. In den engen Strassenschluchten können wir die Kuppel dann aber nicht mehr finden und so fahren wir immer weiter und weiter, kreuz und quer, im Regen durch Berlin. Herrlich!

 

Am Abend portraitiere ich Helen, mit ihrem neuen Hut, auf dem Sofa liegend, das Notebook vor sich, bis in die Nacht hinein.

 

 

SO 15.3. Besuch bei den Berliner Freunden Heidi und Bernd–Dieter Rosien, er macht wunderbare Reise- und Naturfotografien von unglaublicher Kuntfertigkeit, sich selber nennt er in großer Bescheidenheit einen Hobbyfotografen. Ich empfehle einen Besuch auf seiner Website, die Fotos kommentiert seine Frau Heidi. http://www.bdrosien.eu/

 

  

  

Es war ein wunderbarer Besuch bei Kaffee und Kuchen und späterem Abendessen. Ich lernte mehrere Berliner Ausdrücke kennen, wenn z.B. etwas schal schmeckt, sagt man:“ Es schmeckt nach eingeschlafenen Füssen.“

 

Mila Doris

Obraz z Alex ma velmi krasnou barevnost a je velmi silny, ten obraz s vezi je velmi netradicne zakompovany a v necem je tak jednoduchy, ale dovedu si predstavit ten boj. Jdu malovat zlute listy, nebo spis povadle listy, co uz tu na me cekaji par dni...tesim se na jejich novou barevnost. Pri malovani jsme s tebou.

S laskou, Katka R.

 

MO 16.3. Nach dieser eintägigen Malpause, freue ich mich zurück auf mein Motiv am Alexanderplatz. Die Sonne scheint erstmals, aber der Wind ist räuberisch! Meinen Hut weht es mir oft vom Kopf, jedoch nachrennen kann ich ihm nicht, da ich gleichzeitig die Staffelei mit Leinwand halten muss. Zum Glück gibt es in Berlin genügend Gentlemen, die meinen fliegenden Hut immer wieder einfangen und lachend zurück bringen. Ein etwas scheuer junger Mann taucht auf, er entpuppt sich als Maler, seine Bilder die er mir zeigt, bewegen sich zwischen Fantasie und Surrealität und beeindrucken durch einen herzhaften Humor. Friedrichs Erzählungen von seinen Indienreisen, von seiner Malerei und den Filmarbeiten, lassen mich den Wind für einen Moment vergessen.

 

 

DI 17. 3. Helen reist mit unserem Auto zurück. Ich installiere mein Navigationsgerät ans Fahrrad und fahre zum Restaurant, wohin die Schweizer Botschaft die Stipendiaten aller Kantone, die momentan in Berlin sind, zum Lunch eingeladen hat. Man lernt sich ungezwungen kennen. Die Frühlingssonne scheint so warm, dass ich erstmals ins Schwitzen komme. Nicht vom Fahrradfahren. Weil ich anschliessend wieder zum Malen fahren will, habe ich bereits die dicken Strumpfhosen angezogen. Und jetzt bekomme ich fast zu warm.

 

Das Fahrradfahren in Berlin macht Spass und man fühlt sich auch im regen Strassenverkehr erstaunlich sicher, nur vor den Strassenbahnen habe ich ziemlichen Respekt. Die können ja nicht ausweichen...

 

Hallo Doris,
hat mich sehr gefreut deine Bekanntschaft zu machen. Ich habe eben eine Blick auf deinen Blog geworfen, gefällt mir sehr gut :) Anbei die zwei Fotos die ich von dir gemacht habe. alles liebe Friedrich

www.f.boomgaarden.org

 

Hallo Friedrich
Danke für die Fotos, der Wind, der an diesem Montag seine ganze Stärke zeigte, erkennt man auf den Fotos! Um 14 Uhr musste ich es dann aufgeben, ich stand nur noch da und hielt die Staffelei, so machte, das Malen keinen Sinn mehr. Morgen gehe ich nochmals mit dem grossen Bild auf den Alexanderplatz und nachmittags möchte ich von der anderen Seite die Menschenmenge malen, die unter der Bahnbrücke durchläuft. Mal sehen.
Also bis bald wiedermal, irgendwo in Berlin:-¨) Alles Liebe, doris

 

MI 18.3 Wunderbares Wetter, ich habe im Sinn, heute das grosse Alexanderplatz Bild abzuschliessen. Und den Turm, den ich sonst nie aufs Bild bringe, will ich separat malen. Wie ein vollbepackter Lastesel mache ich mich mit meinen Malsachen die unendlich vielen Treppen aus meiner Wohnung hinunter, als mir ein junger Installateur mit vielen Plastikrohren behängt auf der Treppe begegnet und mich lächeld fragt: „Passt alles?“

Heute steht vor meinem Malplatz ein WC Häuschen, und auf der Strassen ein Bagger und viele arbeitenden und orangleuchtenden Männer. Oh Freude, diese farbigen Männchen beleben die sonst eintönig dunkle Menschenmenge.

 

Es kommen ein paar Teenager vorbei.“ Wow, das ist Kunst! Sind sie Künstlerin? Sind sie berühmt? Respekt!“ Und ziehen von dannen.

Es herrscht reger Betrieb hinter meiner Staffelei. Für ein Kunstprojekt von Studenten für das Haus der Kulturen in Berlin werde ich gleich zweimal dokumentarisch festgehalten.

Gegen Abend fahre ich mit meinem Fahrrad dank Navigationsgerät zielsicher quer durch die ganze Stadt, um eine Flamengo Tanzstunde zu besuchen. Als blutige Anfängerin mit zwei verpassten Lektionen mache ich zwar keine sonderlich gute Figur, aber es macht Spass.

 

Kaffee trinken mit Künstlerin Mary Anne Imhof

 

DO 19.3 Vor dem Malen angenehmes Kaffeetrinken zusammen mit meiner Wohnungsnachbarin Mary Anne Imhof, Stipendiatin aus dem Kanton Uri. Wir sitzen draussen in der Gartenbeiz von Clärchens Ballhaus, die erste warme Frühlingssonne muntert uns auf. Mary Imhofs Internetseite: http://maryimhof.ch

 

Am heutigen Motivstandort stellt sich hinter mir ein Musiker auf, und so male ich mit Musikbegleitung, was sehr angenehm ist. Plötzlich taucht aus dem Nichts ein Mann auf und kommt ganz nah zu mit:“ Hey, du bist aus Schwaben, gell? Ich erkenn euch doch! Alle Verrückten kommen aus Schwaben!“ Und weg war er!

Sachen gibt's ja…

Der Musiker spielt und singt alles von Bob Dylan bis zum Steppenwolf, Born to be wild! Ein junger Bursche hört dem Musiker lange zu und irgendwie glaube ich, dass er mich aus dem Augwinkel beobachtet… Nach mehr als einer Stunde kommt sein Mädchen und zusammen gehen sie fort. Er kommt an mir vorbei und ruft: “ Tschüss, ich hab dich gern!“

Eine äusserst elegant aufgemachte Frau mit Kleinkind bleibt stehen, mustert mich wie ein Museumsstück und sagt laut zu sich: “Das ist doch eine Attrape, sie malt nicht wirklich!“ Ich lache. „Warum lacht sie jetzt?“ Ich halte natürlich alles für einen Scherz, aber sie doppelt nach und meint allen Ernstes: “Das haben sie zu Hause doch schon vorgemalt!“

 

Damit aber noch nicht genug. Ein Mann ist interessiert an meinem Bild. Was kostet das? Auf meine Antwort, dass ich nicht direkt von der Strasse verkaufe, sondern eher an Ausstellungen mich präsentieren möchte, lässt ihn zum Schluss kommen. „Sie sind also keine Strassenmalerin, sie sind eine echte?!“

FR 20.3 Museumsbesuch Ausstellung von Dieter Roth im Berlin-Hamburger Bahnhof. Unter anderem auch die Kunstgruppe „Die Tödliche Doris“, was mich vom Namen her sehr fasziniert. Tödlich sind sie wirklich, denn mit ihren Filminszenierungen gehen sie an die Schmerzgrenze, die immer gesteigert wird. Ich räume lieber das Feld. Eine wirkliche Trouvaille ist für mich aber der südafrikanische Film-Installationszeichner, Objektkünstler William Kentridge, *1955, mit seinem Film „Reise auf den Mond“ gewesen. https://www.youtube.com/watch?v=DPf63b6Glz8. Das hat mich aus den Socken gehauen und nachhaltig beeindruckt!

 

Auf dem Heimweg muss ich noch Frühstück für morgen einkaufen…, Käse, Landjäger, Butter und Eier. In der Auswahl liegen drei verschiedene Eiersorten mit drei verschiedenen Preisen, ich bin überfordert. Der Ladenbesitzer kommt mir zu Hilfe und beginnt zu erklären: Also die für 34 Cent, die werden, wenn sie sie in 8 Minuten kochen, aussen fest und innen bleiben sie flüssig. Die für 36 Cent müssen sie für das gleiche Ergebniss nur 4 Minuten kochen…und die biologischen…..Plötzlich fällt mir der Zwanziger runter…..

Soll sich also keiner wundern, wenn man die Doris schallend lachend in Berlin antrifft!

 

SA 21.3. Habe Lust, am Alexanderplatz nur die Bahnbrücke mit der unten durchgehenden Menschenmenge malerisch festzuhalten. Ich stelle mich in den Windschatten einer Drogerie, da die Sonne uns wieder verlassen hat und ein kühler Wind weht.

 

Mein Traumauto,

das als fahrendes Atelier mich durch Landschaften und Städte begleiten könnte.

 

SO 22.3. Ein Kirchenbesuch in der St. Johannes-Evangelist-Kirche in meiner Strasse, interkultureller und interaktiver Gottesdienst. Die Atmosphäre ist unglaublich locker, statt Bänken Tische mit Stühlen, statt andächtiger Ruhe fröhliches Kinder- und Erwachsenengeplapper. Jemand schenkt Kaffee aus. Es beginnt mit viel Gesang, die vorsingende Frau hat eine wunderbare Stimme. Dann wird in Deutsch und Englisch gebetet. Wieder wird gesungen. Dann kommt die Paulus-Lesung im Hardcore-Style. Nach der Predigt stehe ich auf, anstelle der anschließenden Diskussion bevorzuge ich frische Luft. Ich bräuchte jetzt einen Schnaps, ach, wenn ich doch nur einen zu Hause hätte!!

Die Ausstellung „Surreale Welten “, der Sammlung Scharf-Gerstenberg ist nahe beim Schloss Charlottenburg, also quer durch Berlin, im schönsten Frühlingswetter mit dem Fahrrad.

 

Luftschlafplätze

 

MO 23.3. Heute Morgen zieht es mich in eine Buchhandlung und direkt zum Buch GEHWEGSCHÄDEN von Helmut Kuhn. Kaum das Buch in der Hand, taucht der Buchhändler auf. Das sei einer der besten Berliner Romane, und er beginnt gleich zu erzählen… Vom 24.-30.4 sei Literatur Festival in Berlin, und auch dieser Autor beteilige sich, und bringe die Leute auf seine Romanplätze…. Mal schauen. Freue mich schon auf die Malpausen an der Sonne, mit diesem Buch in der Hand! Ich male heute wieder am Bild von letzter Woche weiter.

Hinter mir installiert sich diesmal ein Schlagzeuger. Mit Kesseln, Pfannen, Töpfen und Tschinellen. Er stimmt sich ein. Schüttet in einen der Kübel kleine Steine, schlägt mit dem Schlagstock darauf, prüft den Ton, fügt noch mehr Steine hinzu, bis der Ton stimmt.

 

DI 24.3. Durchwandere mit Mary Imhof die Stadt Berlin. Unser Ziel ist ein grosses Fachgeschäft für Kunstuntensilien, ich kaufe dort schwarze Fettstifte….mit denen ich ein etwas ganz Bestimmtes vorhabe.

 

 

 

MI 25.3. Neues Motiv auf dem Alexanderplatz, es ist frühlingshaft warm, ich male das erste Mal ohne Mantel! Die Menschen kommen bunter daher, das Grau-Schwarz nimmt ab! Gegen 17 Uhr geht's wiederum mit dem Fahrrad zum Flamengo Unterricht. Die zwei fehlenden Lektionen machen sich immer noch bemerkbar. Wir sollten uns beim Tanzen im Spiegel betrachten…das schaffe ich aber nicht auch noch, weil meine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration der Lehrerin Mariposa gehört, deren Bewegungen ich mir nicht entgehen lassen will. Von mir aus könnten sie alle diese Spiegel abräumen.

 

DO 26.3. Es regnet. Ich möchte heute in die Karl Marx Allee fahren, mit einer bestimmten Absicht…. Man soll Ideen nie ausplaudern, bevor man sie umsetzt!

 

Ich gebe im Navi „Karl Marx ...“ ein und fahre wie der Teufel durch Auto- und Lastwagenreihen. Es erstaunt mich, wie lange ich schon unterwegs sein muss, denn die Karl-Marx Allee liegt meines Wissens doch gleich hinter dem Alexanderplatz?! Ich habe nicht gemerkt, dass es in Berlin eine Karl-Marx-STRASSE und eine Karl-Marx-ALLEE gibt. Ich fahre und fahre und fahre den Anweisungen des Navis nach, das mich aber zr Karl Marx Strasse führen möchte. Ist diese Allee tatsächlich sooo lang?! Und wo ist denn mein ersehntes Antiquariat, das alle Bücher nur für 1 Euro verscherbelt? Endlich bemerke ich den Irrtum und finde am Ende der Karl-Marx-Allee (!) die gesuchte Buchhandlung. Ich durchstöbere alle Regale, um ein Buch über Berlin zu finden… Nein, das ist für meinen Zweck zu schade... Ein anderes zu schön… Ich lege sie wieder zurück, bringe ich das wirklich wie der William Kentridge übers Herz, einfach in ein Buch, über die Schrift hinein zu zeichnen? Ich bin unschlüssig, wähle aber schlussendlich doch drei unbedutende Werke aus, ein Berliner Witzbuch, ein Wirtschaftbuch und ein Berichtsbuch über Berlin. Denn diese Bücher haben auch viele leere Stellen, so kann ich mich ein bisschen meiner Idee annähern und bei den unbeschriebenen Stellen anfangen. Ich bestelle einen Cappuccino, setze mich an ein Tischen mit Blick nach draußen, nehme meinen gestern gekauften Fettstift hervor, öffne das erste Buch und skizziere die vorbeigehenden Menschen. Jedesmal, wenn der Kellner des Cafe Tasso, der gleichzeitig der Buchhändler des Antiquariats ist, vorbeigeht, zucke ich schuldbewusst zusammen. Ob er mich als Kunstbanause oder gar Bücherbesudlerin beschimpfen könnte? Aber scheinbar interessiert es ihn nicht, verkauft ist verkauft. Eine Studentin setzt sich zu mir, sie lernt und ich zeichne. Bevor ich gehe, schenke ich ihr mein Guetzli, das ich zum Kaffee bekommen habe. Ich fahre wieder mit dem Fahrrad „nur“ ganze 5 km zurück zur Auguststrasse.

 

 

FR 27.3. Ich male heute den Blick zum „Haus des Reisens“, ein DDR Überbleibsel, damals der Sitz der Reisegesellschaft Interflug, das kleine Tor zur grossen Welt, das für die meisten Ostdeutschen ein Ort war, wo man nicht hineinkam und der trotzdem so viele Visionen ermöglichte. Wie mir ein Passant erklärt, soll dieses Hochhaus in nächster Zeit abgerissen und einer zeitgemässen Überbauung weichen. „It is more beautilful than in realityl!“ bewundert eine Touristin mein Bild. Und wieder ein anderer will von mir wissen: „Where is the big clock?“ Und wieder bewähre ich mich als kundiger Fremdenguide! Plötzlich setzt starker Wind ein und prasselnder Regen treibt mich klitschnass in eine nahegelegene Beiz um mich mit Grog aufzuwärmen. Zwar hellt das Wetter sich kurz wieder auf, jedoch bis ich wieder auf dem Fahrrad sitze, werden ich und auch mein Bild zum zweitenmal zünftig verregnet.

 

Sa 28.3. Eigentlich möchte ich heute Menschen malen. Doch auf dem Alexanderplatz erdrückt mich diese Menschenflut fast, so viele – zu viele Menschen, die würden mich nicht mal atmen lassen.

Ich beschliesse daher, die Stadt mit dem Fahrrad zu entdecken: Brandenburger Tor – Holocaust-Mahnmal – und der Checkpoint Charlie; aber alles bereitet mir Hühnerhaut. http://www.berlin.de/orte/sehenswuerdigkeiten/checkpoint-charlie/

 

 

Dann entdecke ich die Heilig Kreuz Kirche in Kreuzberg. Im Eingang ist ein gemütliches Kirchencafe, das durch eine Glaswand vom Kirchenraum abgegrenzt wird. Der helle Kirchenraum wird auch für Tagungen, Konzert- und Theateraufführungen, Empfänge oder Galas genutzt werden. Leichte Eisentreppen erschliessen den ganzen Kirchenraum bis hoch zu den Fenstern und man kriegt Einblick in Nischen, wo verschiedene Abteilungen der Kirchgemeinde sich mit Kinder-, Jugend-, Familien- oder Seniorenanliegen, Obdachlosen-, Armen- und Flüchtlingshilfe und vielem anderem auseinander setzen.

 

28.3. Ahoj Doris, sleduji tvoje zpravodajství, je videt, že si to užíváš a dobre ti to maluje :-) mooooc ti to preji. Jsem tak trochu s tebou. Pošli mi, prosím, adresu, kam by se ti dal poslat balík, je to ostuda, že nevíš, jestli to ostuda, že nevíš, jestli máš v tvem prechodnem bydlisti stamprlu, chci ti poslat slivovici tento lék nemuže na cestách chybet !!!!!!!!!! Objímám te, mám te ráda Magda

 

Ahoj Doris ! :-) 29.3. Zdravím te a preju teplé slunecné dny. Ctu príležitostne tvuj blog, a vidím, že se ciníš, máš plno energie, porád neco nového, tak teším se na tvoje obrazy. Smrtící Doris - to opravdu sedí :-)  Doufám, že i na Sázavu si vezmeš ten slušivý oblecek, co máš na fotce, moc ti to tam sluší :-). Už to tady vypadalo na jaro, ale zima se ješte nevzdává, príští víkend bude možná i snežit. Nemužu se dockat pekného pocasí, abych vyrazil nekam neco zkusit, už mi to chybí. Jsi skutecná malírka - v mrazu, v dešti, a vubec si to doma nepredmalováváš ! :-) Moc te zdravím, preju vše nej, at se ti darí ! Martin

 

SO 29.3. Trotz Regen und Wind durchstreife ich zu Fuss Strassen und Gassen, um mich dann in einer gemütlichen Kneipe niederzulassen und zu zeichnen.

 

MO 30.3. Regnerisch, frisch, windig, ich plane einen Ausflug mit der Metro und prompt fahre ich in die entgegengesetzte Richtung. Mit dem Fotoapparat versuche ich, die Impressionen des Regens einzufangen, bis es eindunkelt. Am Abend stelle ich fest, das mein PC alle meine gespeicherten Fotos und Filme auf dem Flashstick gefressen hat. Habe ich wohl einen Computervirus eingefangen?

 

DI 31.3. Mein Weg führt mich quer durch Berlin, um einen PC Servis zu finden, der im Telefonverzeichnis stand. Endlich an der Heinrich-Heine-Strasse angelangt, zucken alle nur die Schultern. Da könne man mir nicht helfen. Man gibt mir eine Adresse, wo ich es versuchen solle, aber das wäre nochmals 6 km weiter weg. Ich gebe auf und werde erneut verregnet. So ziehe ich mich in ein Cafe zurück und beschliesse, wenigstens eine Post zu finden. Doch auch das ist in einer deutschen Stadt kein einfaches Unterfangen. Auf meine Frage, wo die nächste Post sei, fragt man zurück: “ Meinen sie eine richtige Post, oder…“ „Ja natürlich eine richtige….“ Ich will nach Hause. Mit Gegenwind in Orkanstärke versuche ich, mit dem Velo zurück zu fahren. Es ist fast nicht möglich, ich komme kaum von der Stelle, so stark windet es. Ich steige schlussendlich ab und muss das Fahrrad stossen. Um mich aufzumuntern gehe ich in meinem Quartier ein Bier trinken. Wie ich so da sitze, schaue ich aus dem Fenster und was sehe ich in einiger Distanz? Ein PC Servis, ganz in meiner Nähe.

 

Am Abend warnt man vor dem Aufenthalt im Freien, da ein Orkan gefährlich heftige Windböen erzeuge. Die Sirenen von Feuerwehr und Polizei sind wirklich ununterbrochen zu hören. Alle Berlinerflüge gestrichen, die Bahn steht still…

 

Hoi Doris, ha ändli din Blogg agluegt und es isch so spannend gsi, dass i ales eim Zuug z'Nacht am 01.45 Uhr ha müesse dureläse!!! Schön, das i so au echli cha Berlin Luft schnuppere und a dine vile chline, grosse und luschtige Erläbnis cha teilnäh...... und das erscht no im warme Zimmerli ganz locker vor em Labtop! Hoffentli windets di nüd devo....bi üs da in Obwalde hettisch dini Staffelei hüt nümme chönne hebä! Grüessli und hebs guet Jris

 

Hannes

 

MI 1.4. Das Wetter spielt verrückt, mal böiger Wind, mal Sonne, mal Sturm - Aprillenwetter. Den ganzen Tag verschanze ich mich zu Hause und beschliesse erst am späten Nachmittag zum Flamencotraining mit dem Fahrrad zu fahren und nicht wie ich mir bei diesem Wetter vorgenommen hatte, mit der Metro.

 

Mein Fahrrad macht was mit, die Pedale fällt schon ab und beim Rücktrittfahren geriet aufs Mal der Dynamo ins Rad. Ob das jetzt Altersschwäche ist, oder ob die holprigen Strassen mein Fahrrad ruinieren… vermutlich alles zusammen. Bergauf überhole ich einen Mann. Tourist denke ich, der hat noch kein Training. Mit meinem Eingänger bin es eigentlich eher gewohnt, dass man an mir vorbei saust. Aber ein paar Meter weiter überhole ich wiederum eine Frau….Sind das jetzt alles Ausländer, die kein Training haben? Oder habe ich mit meinem Uraltfahrrad und dem vielen Treppensteigen konditionell schon derart aufgeholt? Die Bahnen fahren nach der Sturmnacht wieder, so dass mein Malerkollege Hannes Egli pünktlich in Berlin eintreffen kann.

 

Künstler Hannes Egli

 

DO 2.4. Wir erkunden Berlin einmal in einer mir unbekannten Ecke. Ziel ist der Westhafen. Unser Weg führt uns zu Fuss am Invalidenfriedhof vorbei, der durch die Zonengrenzmauer in Ost und West geteilt gewesen war. Hier stand einmal die Gnadenkirche, die nach einem Bombardement schwer beschädigt war. 1967 wurde die Kriegsruine wegen Einsturzgefahr durch die DDR Regierung gesprengt. Nur die mittlere Glocke, der Kaiserin Auguste Viktoria gewidmet, blieb unbeschadet. Heute steht sie seit kurzem hier als ein eindringliches Mahnmal für den Frieden und ertönt wieder mit ihrem selten reinen Klang über Berlin.

 

Wir wandern lange auf der Promenade des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals, bis zum Kraftwerk Moabit, dem ältesten Kohlenmeiler Deutschlands, der aus Steinkohle und mittlerweilen auch einem bedeutenden Anteil Holz den Moloch Berlin mit Energie füttert.

 

Gleich daneben liegt der Westhafen, ein wichtiger Umschlagplatz für Strassen-, Bahn- und Schiffstransporte. Hier werden nebst der importierten Steinkohle die Güter des täglichen Gebrauchs angeliefert und gelagert, sowie die Abfälle aus der Stadt recycelt, getrennt und abtransportiert. Am Eingang in den Binnenschiffhafen sind Schranken und Kameras angebracht und man muss sich durch eine Gegensprechanlage anmelden. Das Prozedere erschreckt mich etwas und ich halte mich im Hintergrund, doch Hannes geht schnurstraks zum Mikrofon und verkündet selbstbewusst: „Guten Tag, wir sind zwei Künstler, Hannes Egli und Doris Windlin, ist es möglich, dass wir die Schiffe im Hafen zeichnen könnten?“ „Ja, gehen sie immer gerade aus, dann finden sie die Schiffe.“ Hannes zögert erstaunt einen Moment…. “Ok, danke“ antwortet er dann und wir gehen in die gesagte Richtung. „Bist überrascht, dass es so spontan und unkompliziert geklappt hat?“ wage ich zu fragen… “Ja, klar!“ „Aber du hast doch in der Schweiz noch gesagt: Nein da müssen wir vorher nicht anfragen, die Berliner, sind unkompliziert…“ Ja tatsächlich, so habe ich es prophezeit, aber jetzt war ich über das alles wohl am meisten verblüfft.“ Wir suchen uns einen Platz am Windschatten und zeichnen eine Szenerie mit Lastcontainern und Schiffen.

 

Am Abend entdecken wir das Beizli ZOSCH nur ein paar Schritte von der Auguststrasse entfernt. Im Keller ist jeden Mittwoch und Donnerstag live Jazz Musik und am Wochenende irgendeine Band, der man pünktlich um 23 Uhr mit einer Zeituhr den Strom abschaltet. So vermeidet man Ärger und Kosten wegen Nachtruhestörung der Nachbarn und Hotelgäste, sagt man uns. Ich frage mich, wie man aus dem tiefen Kellergewölbe so was hören kann…ob das noch verwanzt ist? beginnt meine Fantasie zu spinnen….

 

FR 3.4. Zeitig aus dem Bett und mit der Metro eilig zum Westhafen. Heute hat es auffallend wenig Menschen überall, denn es ist Karfreitag und alle vernünftigen Menschen sind bei diesem feuchten Wetter in der Wärme geblieben. Meine Finger werden allein schon vom Einrichten meines Malplatzes steif. Der Wind ist zügig frisch, der Himmel verhangen. „Hast du kalt?“ fragt Hannes noch bevor meine Leinwand einen Farbtupfer hat. „Ja, klar, frag nicht so dummes Zeug?“ „War nur ein Witz.“ kam die Antwort und solcher Humor erwärmte uns den Morgen. Mit einer kleinen Kaffeepause in einer warmen Bistroecke einer Tankstelle halten wir dann tapfer bis 17 Uhr auf unserem Malplatz im Westhafen durch.

 

 

4.4. Ostersamstag, am Westhafen ist es wiederum ruhig, ja fast menschenleer. Zum Malen ist das Wetter wieder garstig, viel Wind und schlussendlich dunkelt der Himmel ein und heftiger Regen prasselt auf uns nieder, der dann sogar in Schnee übergeht. Wir suchen Zuflucht unter einem Dach und warten einen trockeneren Moment ab. Auf dem Nachhauseweg komme ich mit meinem Malpack und dem nassen Bild an einem „Strassenmaler“ vorbei. „Hallo“ grüsse ich ihn, worauf er meint:“ Gell, die Kunst ist schön?! Wenn alles untergeht, die Kunst die bleibt!“

 

Am Abend besuchen Hannes und ich die Ostermesse der St. Augustinus Kirche in Pankow auf dem Prenzlauerberg. Nur durch das Kerzenlicht, das die Kirchenbesucher in Händen halten, und dem feierlichen Gesang macht sich eine unglaubliche österliche Freude in der Kirche breit. Der Prediger muntert mit weiser Tiefe und schalkhaftem Humor alle auf. Wie er von der Unlogik und Unruhe der Frauen sprach, die DENNOCH zum Christus Grab gingen, OBWOHL sie wussten, dass sie den schweren Stein, vor dem Grab nicht wegnehmen konnten „Ich als Mann wäre doch zu Hause geblieben“, erklärt der Pfarrer: “Ich hätte mir gesagt: es hat ja sowieso keinen Sinn!“ Das Kirchenvolk lacht fröhlich. Er erklärt dann die Kraft des DENNOCH! sehr eindrücklich. Wir gehen tief bewegt in die österliche Nacht hinaus.


 

Ostern 5.4. In der KW (Kunstwerk) Halle besuchen wir eine Ausstellung, die pseudo-wissenschaftliche Zeichnungsserien zeigt. Und in den oberen Räumen ist eine grosse Raum- und Filminstallation. An Originalität übertrifft für mich jedoch das Gekritzel auf einer Säulenwand, Richtung Keller,

ohne künstlerische Absicht. 

 

Wir durchschlendern anschliessend die Stadt und steigen ziellos in eine S-Bahn, die uns Richtung Friedrich-Wilhelm-Strasse führt. In Tempelhof steigen wir aus und stehen erstaunt vor der beinahe unendlichen Weite des ehemaligen Flughafengeländes, wo die Menschen zu Fuss, mit Fahrrad, mit Drachen, oder wie man das auch Kiten/Kiteboarden nennt, was ich noch nie sah, auf den einstigen Start- und Landebahnen in der wiedererwachten Natur unterwegs sind… Wir kommen zur East Side Gallery, zur grössten Openair-Galerie der Welt. Auf den Resten der Berliner Grenzmauer, die hier das Spreeufer sicherte, sind beeindruckende Malereien entstanden. Während im Westen die gehasste Wand schon früher „verziert“ wurde, kamen die Graffitis auf der Ostseite erst nach der Öffnung vor 25 Jahren dazu. 118 Künstlern aus 21 Ländern durften auf einer Länge von 1316 Metern ihren visuellen Aussagen zur politischen Veränderung freien Lauf lassen. Der Unterschied ist denn auch deutlich zu erkennen. Diese neu entstandenen Ostgraffiti wirken auf mich sehr erfrischend, weil sie ungewohnt für unser Auge sind. Flächiger, symbolhafter, grafischer, aber oft auch malerischer und dazu sind sie noch mit Pinsel aufgetragen und nicht mit Sprühdosen gespritzt.

 

 

MO 6.4. Hannes hat einen Tag zuvor beobachtet, dass am Kraftwerk Moabit ein Frachter beladen mit Steinkohle liegt. Da noch Feiertag ist, haben wir vielleicht Glück und können ihn noch malen. Tatsächlich schaffen wir es durch das Tor, das nur angelehnt ist. Die Arbeiter sind sympathisch, wechseln immer ein paar Worte mit uns. Um 12 Uhr verschwinden alle, da bis 15 Uhr der grosse Kran wegen des Lärms nicht laufen darf. Um 15 Uhr kommen wiederum die Arbeiter zur Arbeitsschicht. Plötzlich taucht ein Jüngling auf, und mit überheblichem Getue erklärt er uns unser Vergehen, verbotenerweise das Gelände betreten zu haben. Er droht auch mit der Polizei und von wegen Betriebsgeheimnis... Ich glaube an einen Witz, kann seinen Militärton irgendwie nicht ernst nehmen. Er ruft noch Verstärkung herbei, die auch kommt. Wir sind sowieso schon am Zusammenpacken, da wir schon Stunden gemalt haben…. Hannes erklärt dem zweiten Mann den Zweck unseres Aufenthaltes, der uns sagt, wir sollen doch eine Bewilligung bei der Firma einholen. Als er den Rücken zu dem Jüngelchen dreht, bemerken wir auf seinem Gesicht ein entschuldigendes Lächeln. Wir sind uns einig, der Schnösel musste sein, damit wir kein zu idyllisches Bild von Berlin bekommen. Solche Menschen, die sich aufspielen müssen, gibt es nämlich überall….

  

Milá Doris,   7.4.2015

když si prohlížím vcelku tvuj Blog, napadá me jen jediné: Doris Windlin je skutecná malírka až do morku kostí, svuj život navždy spojila s malírstvím. Je svobodná a nespoutaná, žije umením a rozdává se lidem. Je jako otevrená brána,díky které lidé mohou volne vcházet a to prímo k ryzímu zdroji malírství, které je ve skutecném malírském videní. Díky Doris, že si, jaká jsi, díky za tvou opravdovost, jsem moc ráda, že jsem te mohla poznat :-)

S láskou Jana

 

DI 7.4. Nach zwei Tagen Pause kehren wir zum Westhafen zurück. Aus einem unerfindlichen Grund pressiert es mir heute morgen aber nicht, mit einem neuen Bild anzufangen. Die Intuition hat nicht getäuscht. Tatsächlich kommt ein Herr auf uns zu und erklärt, dass wir auf diesem Privatgelände nicht ohne Bewilligung malen dürfen. Als ich darauf schweigend den Aufbau abbreche, fragt er verblüfft: Packen sie jetzt zusammen? Er verprach uns, um eine Bewilligung in den zuständigen Büros nachzufragen. Sympathisch war er, das erleichtert uns das Aufgeben der erst gerade entdeckten neuen Sujets. Erstmals ist die Imbiss Bude des Geländes offen, „Violettas Imbiss“, wir bestellen die traditionelle Currywurst-mit-Pommes… Als das Mittagessen kommt, brechen wir in Lachen aus: Hannes nennt es eine Kamikaze Currysauce, die ganz einfach aus Ketchup und darüber gesteutem Curry besteht.

Wir geben uns noch lange nicht geschlagen und laufen dem Ufer entlang. Unglaubliche Motive eröffnen sich uns, noch viel idealer als im Hafen drinnen, weil wir direkt am Wasser stehen können, die Frachtschiffe direkt vor uns und das alles an einem ruhigen Fußweg direkt am Kanal, an dem nur ein paar Leute teils mit Hund vorbei spazieren oder joggen. Das Licht ist wunderbar, der Frühling nah, doch der Wind noch kühl und frisch.

 

 

Am Abend treffen wir Petr Slintak, der aus Prag angereist kommt. Ein Babylon der Sprachen beginnt. Tschechisch – Deutsch – Dialekt - Englisch und Italienisch…..

 

MI 8.4. Es regnet wieder einmal leicht. Und wir lassen heute die Malsachen ruhen und beschließen, die Galerie ICON an der Veteranenstrasse zu besuchen. Die ausgestellten Bilder und Skulpturen und Objekte sowie die Galeristin machen auf uns einen sehr angenehmen Eindruck, so dass wir uns hier sogleich heimisch fühlen.

Wir sind unvermittelt grossen Ereignissen der Geschichte auf der Spur, als wir ganz in der Nähe, auf der höchsten natürlichen Erhebung Berlins, vor der Zionskirche stehen:

Eine wahrhaft bewegende Geschichte mit dem jungen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der bis ins Jahr 1933 als Stadtsynodalvikar sehr mutig seine Meinung kundtat. Für ihn war es selbstverständlich, dass sich die Kirche für alle Schwachen wehren muss, egal welches Glaubensbekenntnis sie ausüben. Sie sollte der Gegenpol zum nationalsozialistischen Staat bilden, wenn er zu viel Macht ausübt. Bonhoeffer endete, wie viele Unerschrockene, im Konzentrationslager. Er war erst 39 Jahre alt.

 

50 Jahre nach Bonhoeffer schrieb die Zionskirche noch einmal bedeutende Politgeschichte: sie entwickelte sich zum Szenentreff der unzufriedenen Ostberliner Jugend. Als im Herbst 1987 Neonazis nach einem Punkkonzert in der Zionskirche die 2000 Besucher brutal überfielen („Juden raus aus deutschen Kirchen“) schauten die anwesenden DDR-Sicherheitskräfte bloss zu. Einige Täter wurden zwar gefasst und halbherzig zu geringen Strafen verurteilt. Erst unter dem brodelnden Protest in Ost und West genehmigte Erich Honecker den Antrag Erich Mielkes auf Verdoppelung der Gefängnisstrafen.

 

Damals wirkte in der Kirche der Pfarrer Hans Simon. Er erlaubte jungen Gemeindemitgliedern in seinen Räumen den Aufbau der oppositionellen „Umweltbibliothek“. Die sogenannten Samisdat-Verlage wurden vom Regime verfolgt, Druckmaschinen beschlagnahmt und die Redakteure festgesetzt. Aber die Bürgerrechtsbewegung war nun nicht mehr aufzuhalten, die Wende war bereits geboren.

 

 

 Der Theologe Dietrich Bonhoeffer

mit seinen Jugendlichen

 

DO 9.4. Am morgen überfliege ich die neusten Zeitungsschlagzeilen…und was lese ich dort auf den Frontseiten? Heute am 9.4.2015 genau vor 70 Jahren wurde der Theologe Dietrich Bonhoeffer von den Nazis hingerichtet. Unglaublich, noch gestern morgen kannte ich kaum* seinen Namen. Als ob das Schicksal mich zu dieser Kirche gefühtt hätte!

Mit dieser Neuigkeit fahre ich zum Ufer des Westhafens. Das Wetter ist erstmals mild und frühlingshaft.

 

*Nachtrag: Helen Loritz macht mich darauf aufmerksam, dass das Lied, das wir als Jugendliche an der Firmung oder ähnlichen Anlässen gesungen haben, von Bonhoeffer in der Gefangenschaft verfasst worden ist: https://www.youtube.com/watch?v=aN7dGz6NH5M (Von guten Mächten wunderbar...)

 

 

Am FR 10.4. legt das schöne Wetter noch zu. Nach dem Malen, auf dem Rückweg mit Sack und Pack und beinahe mit Schweißperlen im Gesicht, bin ich froh, dass man mir nicht ansieht, dass ich immer noch die Thermaunterwäsche trage, vor allem als mir ein Mann in T-Shirt und Shorts begegnet.

 

Vor der Haustür fische ich meinen Hausschlüssel aus der Tasche, als ein kurzes Klimpern ertönt. Eine Ahnung wird zur Gewissheit: mein geliebter Füllfederhalter ist in den betonierten Gehwegschacht gefallen; leider nicht mein Filzstift, der sowie schon zum Wegwerfen gewesen wäre. Im Dunkeln in der Tiefe sehe ich ihn mit Bedauern noch leuchten, als wolle er mir zuzwinkern. Gleich aber durchzuckt mich der tröstende Gedanke, Gott sei Dank war das nicht mein Hausschlüssel!

SA 11.4. So macht das Arbeiten draussen Spass. Heute, um einige Kleiderschalen erleichtert, schreite ich mit grosser Vorfreude zur Tat, zum neuen Motiv. Petr, sonst an Radioberichterstattungen gewohnt, kriegt die Kamera in die Hand gedrückt und wird zum Dokumentarfilmer verknurrt. Er soll Hannes und mich beim Malen filmen. Wir malen konzentriert, die Sonne wärmt unglaublich, so dass ich mein sommerliches Ritual eröffne und endlich barfuß malen kann. Am späten Nachmittag, als wir uns endlich mit unseren Arbeiten zufrieden geben, stelle ich fest, dass mein linker Arm, mit dem ich als Linkshänderin immer in Aktion bin, viel mehr Farbe angenommen hat, besser gesagt röter von der Sonne geworden ist, als der rechte Arm.

Wir sind uns einig. Jetzt brach nicht nur der Frühling, sondern gleich schon der Sommer aus! Hurra!!!!

 

Arbeitsteam

Hannes Egli, Doris Windlin, Petr Slintak

 

SO 12. 4. Es ist heute wieder ein wunderbarer Tag. Ich werde heute allein malen. Dazu fahre ich mit meinem Fahrrad, dessen lotterige Pedale ich notdürftig mit Schnur flicke, zum Westhafen. Obwohl der schwere Malwagen das Anfahren an den Ampeln behindert, schaffe ich es zeitlich doch immer, während der Grünphase über die Kreuzungen zu gelangen. Heute möchte ich mein angefangenes Bild nochmals überarbeiten, vor allem das Wasser von der Betonwand mehr differenzieren. Irgendwann tauchen Hannes und seine Lebensgefährtin Myrtha auf und schauen mir beim Malen über die Schultern.

Am Abend durchstreifen Petr und ich Berlin, aber diesmal zu Fuss. Anstatt wie vorgenommen nach Kreuzberg zu gelangen, machen wir nur einen kurzen Umweg in die Kastanienallee, um das Kinoprogramm zu studieren. Himmel, was für einen Film schaut man sich an, wenn man eine babylonische Sprache spricht? Wir gelangen zum nächsten „Laden“ das ACUD Theater mit Kino und Bar, ein lebendiges Kulturhaus. Morgen läuft hier der Film Leviathan, russisch gesprochen mit deutschen Untertiteln. Diesen Spagat schaffen wir wohl.

 

  

MO 13.4. Heute Vormittag ist eine kleine Vernissage in der Wohnung angesagt. Myrtha möchte meine Bilder anschauen…. So radle ich zum Einkaufen, für frische Brötchen und Prosecco. Im Laden finde ich mich erstaunt in einer langen Warteschlange vor der Altglasrückgabe. Der Stau hat seinen Grund: es ist Montagmorgen und all die Männer machen das Leergut des Wochenendes zu Geld.

 

Der Besuch der Ausstellung „RAF - terroristische Gewalt“ im Deutschen Historischen Museum wirkt auf mich beklemmend. Vor Jahren habe ich schon Bekanntschaft mit dem Thema RAF gemacht, als ich in der Vorbereitung zur Kunstgeschichte den in Dresden geborenen Künstler Gerhard Richter (1932*), der die RAF Attentäter malte, studierte. Mein damaliges Schaudern über Richters Arbeit bestätigt sich heute noch mehr, als ich diese komplette RAF Ausstellung anschaue.

Herausgepickt aus: SPIEGEL ONLINE KULTUR 20.2.2004 Die Schwarz-Weiß-Gemälde deutscher Terroristen, gemalt vom bedeutendsten deutschen Maler der Gegenwart, Gerhard Richter (Dresden 1932*) kehren erstmals nach sieben Jahren nach Deutschland zurück. Gerhard Richter hatte seinen Bilderzyklus 1995 an das MoMA in New York für drei Millionen Mark verkauft. Zwei Jahre später war die Gemäldefolge das letzte Mal in Deutschland zu sehen. Kritiker waren damals der Meinung, dass er dadurch "eines der ungelösten Traumata der Nachkriegszeit gleichsam durch Export unschädlich machte" ("Frankfurter Allgemeine Zeitung"). Richter sagte gegenüber SPIEGEL ONLINE, es sei auch nach wie vor gut, dass sich "18. Oktober 1977" im New Yorker MoMA befände. Dem 72-Jährigen tue es leid, "dass die Bilder immer noch nicht unvoreingenommen angesehen werden können".

 

Meine Bemerkung: Ist es nicht eine freche Provokation von Gerhard Richter, vom Betrachter Unvoreingenommenheit zu verlangen zu seinen fotorealistischen RAF Arbeiten, die mehr als Dokument wirken, denn als eine künstlerische Umsetzung?

 

 

Katka

 

DI 14.4. Beim Jüdischen Mahnmal auf der Putlitzbrücke zum Westhafen, über den Geleisen des ehemaligen Deportationsbahnhofs, stelle ich meine Staffelei auf, um den Ausblick zu den Schienen und die dahinterliegende Stadtsilhouette Berlins zu malen. Beim bewussten Erfassen des Raumes breitet sich Unbehagen aus. Ich werde es erst los, als ich in Gedanken das Bild für alle Juden male, die diese Todesstrecke fahren mussten.

 

 

 

Katka wird am Abend einfliegen und ich muss noch einkaufen. Der Rucksack wiegt schwer und am Lenker baumelt ein grosser Plastikbeutel, es kommt, was kommen muss: das einseitige Gewicht zieht mich vom Fahrrad und mitten auf der Kreuzung der August- und Tucholskystrasse fliege ich und mit mir alle Einkäufe samt Fahrrad mitten auf die Strasse. Wie ist es möglich, dass die Plastiktüte mit dem Wein heil bleibt? Ein älteres Ehepaar hilft mir erschrocken auf die Beine, sammelt Bananen und andere Sachen auf der Strasse zusammen und packt es mir in den Rucksack zurück. Die armen Leute verstehen wohl mein Lachen nicht, aber zu kurios kommt mir die Situation vor, um ernst zu bleiben. Solche Geistesakrobatik können wohl nur Narren, Trinker und Kinder vollziehen…

 

MI 15.4. es wird schon Morgen…. Wir müssen noch die Ankunft feiern. ….

Als wir aufstehen ist die Küche aufgeräumt, ein Heinzelmännchen namens Petr hat alle Spuren des Vorabends und frühen Morgens weggewischt! Danke Petr! Der nächste Abend an der Auguststrasse wird ruhiger, wir planen die kommenden Tage, diskutieren wo wir malen könnten. Ich erzähle Katka, dass ich vor ca. 7 Wochen, noch von Tschechien aus ein E-Mail an den Panoramapunkt am Potsdammerplatz gerichtet hatte, mit der Anfrage, ob wir auf einem der höchsten Berliner Gebäude, dem Kollhoff-Tower, den spektakulären Ausblick auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt malen könnten. Die Antwort von Eileen Jochens kam postwendend: Ja klar, sie würden sich freuen, uns zu begrüssen!!!

 

Ahojky žívá Doris.     15.4.2015

Obcas kouknu na blok z Berlína, jak se ti darí a jaké nové zážitky prožíváš.

Jak to sleduji s kolem si velmi rozumíš a jsi velmi odvážná cestovat z ,,

domu,, až na druhý konec mesta. Pocasí se skoro umoudrilo a je vám nekdy i

tepleji, ale takový svárácek vždycky poteší.

Zdraví Marcel :-)

 

DO 16.4. Und so fahren wir anderntags los, auch Hannes schliesst sich uns an, um noch einmal einen Tag mit uns zu malen. Hui, in 20 Sekunden werden wir mit dem schnellsten Aufzug Europas ins 24 Stockwerk katapultiert. Oben auf der Aussichtsplattform des 25. Stockwerks sehe ich erst einmal meinen Optimismus schwinden. Nein, ganz sicher nicht wegen der atemberaubenden Aussicht. Aber meine sommerliche Kleidung ist hier fehl am Platz und nur Katkas Wintermantel schützt mich vor dem Erfrieren. Hannes arbeitet mit Kreide, Katka und ich in Öl auf Grossformat. Und der Wind ist unerbärmlich. Wir widerstehen dem Klima dennoch stundenlang, um zu komponieren und den Gemälden Farbe zu verleihen. Abschiedsabend im Restaurant Süd Nord an der Auguststrasse mit Hannes, Myrtha und Petr.

FR 17.4. Heute gehts mit Katka per Fahrrad an den Potsdammerplatz. Diesmal wohlweislich mit Thermowäsche, so dass wir schon schwitzen, bevor wir am Ziel angekommen sind. Oben, in schwindelnder Höhe, sichern wir unsere Staffeleien samt Bild am Geländer. Das hilft, so fliegt das Bild nicht mehr weg. Auf dem Nachhauseweg machen wir einen kurzen Halt in Murphys Irish Pub, nur schnell, denken wir und handkehrum ist es morgen…. durchschwitzt vom Tanzen fahren wir zu grauer Morgenstunde nach Hause…

SA 18.4. Heute arbeiten wir wieder in luftiger Höhe und obwohl Wochenende ist, kennt man uns schon am Potsdammerplatz 1. Man erkundigt sich, wie es mit dem Malen läuft und wie wir das aushalten mit dem Wind. Für uns ist das Wetter wärmer und der Wind milder…obwohl Touristen hinter uns über die Kälte klagen. In drei Tagen sind wir trotz schwerer Bedingungen gut voran gekommen, denke ich. Bald schon spüre ich den Wunsch nach einer Pause, das Bild braucht Zeit und ich auch, damit ich weiss, was noch nötig ist.

Am Sonntag 19. 4. Fahrradtour zum Brücke-Museum. Als ich Katka warne, dass ein Weg mit dem Fahrrad 12 km ist, zuckt sie nicht einmal mit der Wimper und meint nur, na und?!. Mädchen aus der Walachei sind halt anpassungsfähig und hart im Nehmen. Das Museum ist in Berlin-Grunewald in ein wunderschönes Villenviertel eingebettet. Zu sehen sind zu unserer Enttäuschung nur Werke von Otto Müller und Karl Schmidt-Rottluff, nicht aber ein Überblick der ganzen Brücke-Malergruppe.

 

 

MO 20.4. Der heutige Tag läuft für mich unter dem Titel Anlaufschwierigkeiten. Wir bleiben mal auf dem Boden, unten auf dem Potsdamer Platz nämlich, denn ich brauche eine Pause am grossen Panoramabild vom Kollhoff Tower hinunter. Katka entscheidet sich wieder für ein ziemlich anspruchsvolles Motiv. Ich bin unschlüssig, fange an zu komponieren… und nach ca. 10 Minuten verwerfe ich den ganzen Entwurf, wende die Leinwand und entscheide mich für eine ähnliche Komposition wie sie Katka gefunden hat.

Irgendwann geht eine Frau an mir vorbei, dreht sich dann aber um, kommt zurück und fragt in vertrautem Dialekt: “Sind sie nicht Doris Windlin?“ Mir verschlägts die Sprache. Es stellt sich heraus, dass sie vor vielen Jahren einen Malkurs bei mir in Obwalden besucht hatte. Ein Weilchen später bemerken wir, dass uns ein Afrikaner in eleganter Kleidung und Krawatte über die Schultern schaut. Er will wissen, woher wir kommen. Aus Tschechien, antwortet Katka. Da führt er überraschenderweise die Unterhaltung in Tschechisch weiter… Er sei aus dem Kongo, hätte aber in Bratislava studiert. Die Welt ist klein!

Am Abend dieses mühevollen Maltages freuen wir uns in der Wohnung an der Auguststrasse auf das Treffen mit Christine Brewer, die gerade von Irland angereist ist.

 

 

Christine

 

DI 21.4., erster Tag mit Christine, auch sie findet gezielt dasselbe Motiv wie wir. Ich aber quäle mich wieder ab, ich möchte schon am liebsten zusammen packen und abhauen. Da wir alle auf dem gleichen Platz malen, kann man seinen Stimmugen natürlich nicht einfach nachgeben… Als Belohnung für unsere Strapazen möchte ich uns eine Belohnung gönnen… Ich entscheide mich für ein Nachtessen in einem von Hannes und mir entdeckten, kleinen Vietnamesenrestaurant am Falkplatz. Aber ich habe mich wiedermal verschätzt (oder verirrt?). Was als entspannender Abendspaziergang gedacht war, entpuppt sich als ein einstündiger Gewaltsmarsch auf den Prenzlauer Berg… ich verliere beinahe meinen Kopf. Dass ich es überlebt habe, verdanke ich nur dem wahrhaft köstlichen vietnamesischen Abendmahl im Song Nguu!

 


 

MI 22.4. Christine und ich malen weiter an unseren Bildern. Derweilen beginnt Katka unverzagt ein neues Sujet. Sie steht direkt vor einem riesigen Bildplakat, das den zerbombtem Potsdamerplatz zeigt. Es sieht jetzt aus, als ob sie mitten im Kriegsgeschehen male. Doch das realisiert sie nicht einmal, denn konzentriert malt sie die Silhouetten der in den Himmel ragenden Hochhäuser. An einer Fensterfront arbeitet ein angeseilter Fensterputzer, der aber nur als kleines Detail zu erkennen ist. Christine hält sich tapfer, obwohl sie kränkelt. Mein schlechtes Gewissen nagt an mir, da ich sie gestern durch all die Strassen und Gässchen gejagte hatte. Ich möchte ihr heute jeden Wunsch erfüllen…

Katka plant am Abend zum Flamenco-Kurs mitkommen, um mit der Kamera ein paar Sequenzen aufzunehmen. Leider erlaubt  Mariposa keine Filmaufnahmen und Katka geht frustriert hinaus. Wir tanzen weiter….und plötzlich dreht sich die Lehrerin brüsk um und stampft wütend zur Türe... Und nun hört man draussen den lauten Disput zwischen Mariposa und Katka. Wir tanzen weiter und gedanklich versuche ich zu rekonstruieren, was vorgefallen sein könnte...bis ich im Wandspiegel die Türe sehe, die von innen beleuchtet, jedoch draussen dunkel ist. Katka hatte versucht, die Kamera an die Glastüre zu halten, um trotz des Verbotes einen, wenn auch nur verschwommenen, Eindruck der Tanzstunde festzuhalten. Dabei hatte sie aber nicht realisiert, dass sie halt von innen her sichtbar war. Nach den 90 Kursminuten fand ich eine schnaubende Katka vor, die in der Zwischenzeit 20 Postkarten geschrieben hatte und schimpfte: „Ich wollte doch nur den Ton aufnehmen. Und ausserdem haben sie in diesem Haus nur Wasser, weder Wein noch Bier! Eine Zumutung, sowas!“

 

DO 23.4. Beim Malen beobachteten wir einen Raben, der sein Nest baut. Christine macht Experimente mit ihm und wirft Holz und Äste auf den belebten Potsdamer Platz. Nicht lange lässt er auf sich warten und zieht seine Kreise immer näher bis er Christines Hölzchenhaufen erreicht. Seine Dankbarkeit für die Materiallieferung hält sich jedoch in Grenzen. Er zerzupft nur alles, was uns vermuten lässt, dass wir hier einen modernen Nestbauer haben, der ökologischen Baustoffen schnöde gefährliche Kunststoffe vorzieht! Ich verziehe mich heute noch einmal in Adlershöhe und bearbeite mein grosses Berliner Panorama.

 

 

Pallets prepared with smiles by Dorry

Never a care no sign of worry!

Then gather canvas and tripod

And down the many stairs we plod!

Collect the bikes and load the trailer

City drive, no chance of failure.

Set up all in Potzdammer square

No just a minute, wait right there,

Katja needs a cappuccino

Must be the result of all that vino!

So coffees drunk and brush in hand

We make make a happy little band

Of painters, full of laughs and sighs

And sometimes too there are some cries!

As wind picks up and canvas flies!

By four o'clock Christine is weary

Must be time for a little beery.

Feeling content with our canvas treasure

Exhausted, tired, but full of pleasure

We make our way back to Auguststrasse

Full of paintings and much laughter!

 

Christine Brewer

 

Berlin

 

Madness of war

 

Rendered it to rubble.

Divided in oppression.

Rebuilt in glory.

All in the blinking of an eye.

So many lives destroyed

In that short blink of human folly!

A sadness lingers on in the high rise

Reflections of glass towers.

Transferred now to canvas

Witness to the past through present eyes.

 

Christine Brewer

 

Gedichte von Christine Brewer

Übersetzung aus dem Englischen von Beat Affentranger/Irene Gut

 

Paletten vorbereitet mit Doris Lächeln

Nie ein Kummer, kein Zeichen von Sorge

Dann Leinwand und Dreibeingestell zusammen suchen

Und die vielen Stufen hinuntertrotten

Die Fahrräder nehmen und den Anhänger beladen

Cityfahrt, keine Chance zum Misserfolg

Alles aufgebaut am Potsdamer Platz

Nein, nur eine Minute, bleib genau dort stehn

Katja braucht einen Capuccino

Das muss das Resultat sein von zuviel Vino!

So! Kaffee getrunken und Pinsel „zu Hande“

Sind wir nicht eine glückliche kleine Bande

Von Malern voller Lachen und Seufzern?

Und manchmal gibt es auch einige Schreie

Wenn der Wind zunimmt und die Leinwand davonfliegt

Um vier Uhr hat Christine den Verleider

Zeit muss sein für ein kleines Bierli

Wir fühlen uns zufrieden mit unserem Leinwand Schatz

Erschöpft müde aber voller Vergnügen

Machen wir den Weg zurück zur Auguststrass

Mit Bildern voll und viel Gelächter

 

Berlin

 

Wahnsinn des Krieges

Machte es zu Trümmern

Geteilt in der Unterdrückung.

Was aufgebaut ruhmvoll

Alles in einem Augenblick

So viele Leben zerstört

In diesem kurzen Augenblick von menschlicher Torheit

Viel Trauriges west noch in den Hochhäusern

Reflektiert in den Glashäusern

Übertragen auf die Leinwand nun

Zeugnis der Vergangenheit durch das jetzige Auge

 

Básen od Christine Brewer

preloženo od Jan Kutra

 

BÁSEN

 

Pripravit paletu, slyšet Doris smích

Bez obav, starostí, pryc od casu zlých!

Zbalené barvy, štafle a malírská plátna

Ze schodu trmácí se dolu naše parta!

Nasednout na kolo, vozík za nej dát

Ve meste už se nám nemuže nic stát

Když se vše rozloží na Postdammer place:

„Jen jednu minutku a hned jsem tu zase!“

Katka potrebuje kapucíno, ted.... nutne!

Vždyt po víne je cloveku tak smutne

Po káve, se štetcem, to už je sranda

Radostne pracuje naše malá banda

Malíri pri práci plni smíchu a vzdechu

No obcas však bývá nekomu i do breku

Zafouká vítr, plátno je fuc.... to je k vzteku!

Ve ctyri hodiny má Christine už dost

Je cas na malé pivo, jen tak.... pro radost

Spokojeni s našim malovaným pokladem

Vydáváme se radostne domu s nákladem

Už tešíme se na schody v Aguststrasse

Plno obrazu a hodne smíchu zase

 

BERLÍN

 

Šílenství války

Vše leží v troskách.

Rozdeleno, žijíc v útlaku.

Ve sláve znovu postaveno.

V jediném okažiku

Pohrbeno tolik životu

V okamžiku lidské pošetilosti!

Smutek pretrvává v cinžácích

Odráží se na prosklených domech.

Prenesený na plátno je svedkem

Minulosti, prostrednicvím oka.

 

 

 

FR 24.4.Katka beendet ihr Bild und spielt danach Touristin, indem sie in so einen Sightseeingbus einsteigt. Als sie zurück kommt, meint sie nur enttäuscht, dass das, was sie gezeigt bekam, sie schon alles mit mir in diesen wenigen Tagen, als wir mit dem Fahrrad unterwegs waren, gesehen hat .

 

 

SA 25.4. Abreise von Christine und Katka. Christine nach Irland, Katka in die USA. An diesem Morgen drängt sich explosionsartig der Frühling in mein Bewusstsein. Plötzlich ist das saftige Grün überall. Es ist sommerlich warm und so setze ich mich am Nachmittag in den Gartenraum von Clärchens Ballhaus. Ich bestelle ein Glas Wein und verbringe den Rest des Tages genüsslich mit Schreiben und Lesen.


 

 

26.4. Sonntag, Ruhetag. Der Himmel ist verhangen, die sommerliche Wärme hat sich bereits wieder verzogen. Meine Berliner Zeit geht in die Halbzeit. Ich überblicke meine Wohnzimmerwand mit den zahlreichen Bildern, die ich schon geschaffen habe. Zufrieden ziehe ich Bilanz über die letzten Wochen und erkenne, dass ich viel geleistet habe. Jetzt darf ich mir guten Gewissens eine Kreativpause gönnen. Also verziehe ich mich mit Buch und Schreibpapier ums nächste Eck, um mich zu einem Cappuccino gemütlich niederzulassen.

 

27.4. Montag, ein neuer Arbeitstag beginnt – Es schüttet wie aus Kübeln. Ich versorge meine Malsachen unter dem Tisch im Atelier Wohnraum. Nach 7 Wochen schaffe ich es, den Telekommunikationsmenschen nochmals anzurufen und ihn mit bestimmter Stimme zu drängen, endlich die kaputt übernommene Fritzbox zu ersetzen, damit ich in mein eigenes Internet komme… Als der Regen aufhört, fahre mit dem Fahrrad 3,5 km zum Baucenter Hellweg, um einen Ersatz für den Duschschlauch zu kaufen, der vor Tagen geplatzt war. Auf dem Weg zum Hellweg fällt auch noch geräuschvoll die Leuchte von meinem Fahrrad auf die Strasse….dabei hatte ich eigentlich schon vorgehabt, neue Pedalen zu kaufen um meine Schnurbastelei zu ersetzen. Aber jetzt entscheide ich mich für Draht für die Pedale und für das Licht kaufe ich eine Stirnlampe… jetzt hoffe ich nur noch, dass mir nicht auch noch der Kopf abfällt….Auf jeden Fall gebe ich meinem Fahrrad genau noch 2 Monate….alles was nicht perfekt funktioniert, wird ab jetzt ultimativ mit Draht geflickt… ich habe 20 Meter!

 

 

Berlin Backstage

 

 

DI/MI 28. und 29. April Backstage Berlin, das Schweizer Konsulat offeriert uns grosszügig einen zweitägigen Einblick in die Berliner Kulturförderung! Die Führung durch Frieder Schnock, Geschäftsführer des bbk Bildungswerk Berlin und Jan Maruhn, dem Leiter der Bildhauerwerkstatt, wird kurzweilig. Mit aufschlussreichen Erklärungen und pfiffigen Bemerkungen würzen sie alles.

 

Sie führen uns kompetent und humorvoll durch die Berliner Kunstszene.

 

 

Der Anfang macht die intensive Begegnung mit der Kunstförderung im Bundeskanzleramt (dem weltgrössten Regierungshauptquartier, achtmal grösser als das Weisse Haus in Washington!) und die Führung in die gläserne Reichstagskuppel hinauf. Dass es in Strömen regnet, stört mich nicht, Berlin sieht fast etwas verträumt und weich aus durch die verweinten Gläser der Kuppel.

Nächste Programmpunkte: die Akademie der Künste und danach die Bildhauerwerkstatt in der ehemaligen Arnheimschen Tresorfabrik an der Osloer Strasse. Die angebotenen Kurse stehen hier jedermann offen, ohne Rücksicht auf Künstlergrad, Name, Geburt oder Können, wie der Leiter Jan Maruhn wiederholt betont. Diese Werkstätten hauen mich aus den Socken, nicht nur wegen den grosszügigen Nutzungsbedingungen, sondern auch durch deren Grösse!

 

 

Anderntags Besuch der ehemaligen KINDL Brauerei in Berlin- Neuköln. Der Raum mit den 6 riesengrossen Sudkesseln macht mir tiefen Eindruck. Und auch die Glaskacheln an der Wand, die stolz jedem Zahn der Zeit widerstehen, bringen mich zum Staunen. Zug um Zug entsteht hier ein Zentrum für zeitgenössische Kunst, geführt vom Schweizer Kurator Andreas Fiedler.

 

 

Erfrischend lockerer, lebendiger, ist der Besuch bei der Malzfabrik an der Bessemer Strasse in Schöneberg. Ein quirliges Kreativzentrum in den Kinderschuhen, mit Ateliers, Ausstellungsräumen, Restaurant, Trödelmarkt, Pflanzflächen für Selbstversorger und und und… Ein Projekt für „Visionäre, Kreative und Künstler“ will der Schweizer Investor Frank Sippel hier ermöglichen. Ja, auch hier, der Leiter des grosszügigen Konzepts ist ein Schweizer. Sein perfektes Hochdeutsch verrät jedoch kaum den Eidgenossen. Selbst unsere Berliner Kollegen waren überwältigt. Hier mehr: http://www.malzfabrik.de/

PS. aus der Regenbogenpresse: Sippel ist frisch mit der deutschen Schauspielerin, Sängerin und Entertainerin „Blümchen“ (Jasmin Wagner) verheiratet.

 

 

Zum Abschluss gehts mit Metro und S-Bahn zur Druck- und Medienwerkstatt am Mariannenplatz. Grossartig angelegte Grafik- und Medienateliers, und auch hier wiederum das Prinzip des Kulturwerks bbk, für jedermann offen zu sein!!! Auch hier gilt Joseph Beuys Theorie: Jeder Mensch ein Künstler! Wirklich grossartig!

  

Empfang / Dinner bei der Schweizerischen Botschaft. Wir werden nach Käsesorten aufgeteilt und ich kriege den Appenzeller Tisch. Nicht schlecht, denke ich, der ist rassig und unverkennbar im Geschmack. So ist dann auch an unserem Tisch! Neben mir sitzt Dr. Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages, gegenüber von ihm Dr. Frieder Schnock, Geschäftsführer des Bildungswerks Berlin, der uns so grossartig die zwei Tage durch Berlin geführt hat.

 

Neben ihm sitzt Valentin Hauri, Zürcher Maler, gebürtig aus dem Aargau und Stipendiat. Dass er in der Kunstszene kein Nobody ist, wird mir so langsam klar, als ich mich intensiv mit Valentin beim Bier unterhalte, anstatt vor dem Nachtessen noch die geplante Ausstellung zu besuchen. Gleich neben Valentin sitzt in dieser Tischrunde Albrecht Schnider, „Schweizer Künstler“ - mehr Informationen gibt sein Tischkärtchen nicht preis…. Google klärt mich anderntags auf: Maler und Zeichner, geboren im Entlebuch, nun Wahlberliner, seit 10 Jahren Dozent für Malerei an der Hochschule der Künste Bern... Ob der Albrecht an diesem Abend meine Neugier spürt? Immer wieder sagt er zu mir: Weisch Doris, Gsesch Doris…, so als würden wir uns schon immer kennen. Neben ihm sitzt Gloria Alonso González, Leiterin der Radierwerkstatt in der Druckwerkstatt des Kulturwerks und und dann noch die junge deutsche Künstlerin und Kuratorin Andrea Caroline Keppler. Wer hätte das gedacht, dass es unter so vielen Hochkarätern ein so entspannter, gemütlicher, lustiger Abend werden könnte?

 

Scheinbar wirft es nicht nur mich ab und zu aus den Schuhen! :-)

 

 

DO 30.4. Nach zwei so prall gefüllten Erlebnistagen muss ich all die Informationen und visuellen Eindrücke verdauen und ich lebe ganz langsam. Ich gehe einkaufen, lese und schreibe in einem Cafe und gehe relativ früh ins Bett.

 

FR 1. Mai, „Heraus nach Kreuzberg“ Das Myfest (gesprochen wird es zum Maifest) ruft. Einst stand der Slogan „Heraus zum revolutionäen 1. Mai“ für die brutalen und zerstörerischen Kravallumzüge der Autonomen und Antifa (sog. Schwarzer Block), die jährlich wiederkehrend den „Tag der Arbeit“ zur anarchistischen Strassenschlacht mit der provokanten Polizei werden liessen und enorme Schäden und Plünderungen vor allem in Kreuzberg verursachten. Um das Kottbusser Tor, den Heinrichplatz und die Oranienstrasse findet nun schon seit zwölf Jahren ein friedliches Strassenfest, das Myfest statt. Ich bin völlig überrumpelt, hingerissen von der ausgelassenen Stimmung, mit Bands überall in den Gassen und Plätzen, mit Imbiss- und Getränkeständen von Burger und Bier bis türkischen, griechischen, Italienischen Spezialitäten…all diese Düfte, die rauchgeschwängerte Luft von den Grillfeuern, dazu dröhnende Musik überall, so dass alles vibriert. Alt und Jung ist auf der Strasse, eine unüberschaubare fröhliche Menschenmenge, die das Durchkommen erschwert. So lasse ich mich treiben.

 

Pressekommentar: Der seit 2003 zunehmend friedlichere Verlauf der Kreuzberger Maifeiern wird von Polizei, Politik und Anwohnern in erster Linie dem Myfest zugeschrieben. Dieses Jahr ist sogar der abendliche Revoluzzer-Marsch weitgehend ruhig geblieben.

Ich höre einen neben mir auf der Bank sitzenden Mann zu seiner Partnerin sagen: “Ist doch ein Witz der Tag heute…was feiern wir denn; den Muttertag der DDR?“

 

 

Ich jedenfalls hab so was in einer Stadt noch nie erlebt. Man liest später von 45'000 Festbesuchern. Die Fotos geben nur einen kleinen Einblick in das Gesehene und Erlebte.

 

Rohners 

 

2.5. Samstag, ich bringe wieder mal die Wohnung in Schuss und erwarte auf 15 Uhr Besuch von Vreni und Hanspeter Rohner aus Stans. Da es ein schöner Frühlingstag ist, ist die Stadt voll von flanierenden Menschen und wir sind mitten unter ihnen.

 

 

3.5. Ein fantastisch frühlingshafter Sonntag. Wir schlendern zu Fuss von der Auguststrasse zur Museumsinsel, durch den Trödelmarkt zum Kunstmarkt, am Zeughaus vorbei, bis hin zum Märkischen Ufer. Dort steigen wir in ein Schiff ein, das uns während über drei Stunden Berlin vom Wasser aus zeigt, unter mehr als 60 Brücken hindurch, durch mehrere Schleusenanlagen, auf der Spree und dem Landwehrkanal. Während der Fahrt hören wir viel Informatives. Zum Beispiel: In Berlin gibt es sieben Wasserwehrschleusen, mittels derer die Stadt von Hochwasserschäden verschont werden kann. Weiter: dass immer, wenn ein Neubau am Wasser entsteht, der Bauherr verpflichtet ist, die Uferkante für die Öffentlichkeit zu gestalten und frei zugänglich zu machen.

 

 

Kotti

 

 

MO 4.5. Am Kottbusser Tor bei der Metro Station, nahe dem berüchtigten Görlitzpark, stelle ich meine Staffelei auf, es hat hier die verschiedensten Gestalten ....Eine gebürtige Hamburgerin und jetzt Wahlberlinerin klärt mich auf, der Kotti Platz, wie die Berliner sagen, sei einer der Hauptumschlagsplätze der Berliner Drogenszene. Ja, geahnt habe ich es ja irgendwie. Und die Sozialwohnungen im Hintergrund auf meinem Bild hätten noch vor einem Jahr völlig heruntergekommen ausgesehen. Aber auf meinem Bild, scheine sowieso die ganze Szene hier viel freundlicher auszusehen. Ich erkläre ihr, dass durch das farbige Sehen der Inhalt an Gewicht verliert und damit manchmal auch an Schrecken. Und dass es uns lehrt, alles unmittelbar und unvoreingenommen anzuschauen.

 

 

Neugierig sind die Leute hier. Manche äugen vorsichtig hinter der Plakatsäule hervor, um einen Blick auf meine Malerei zu werfen oder zu sehen, was ich hier auf diesem Platz treibe… Andere drängen sich direkt und sehr nah (oft auch torkelnd) an mich und an die Staffelei, so dass ich einige Male befürchte, es könnte mir jemand auf die Palette fallen. Hier würde ich es nicht wagen, die Kamera in die Hand zu nehmen. Ich bin ja dankbar, dass sie mich scheinbar als gleichwertiges Kuriosum akzeptieren. Gegen Abend kreuzen dann Polizeiautos auf, eines ums andere, und sie sperren die ganze Strasse mit Polizei- Feuerwehr- Atemschutzwagen (so steht es auf dem orangen Auto) Noch verstehe ich nichts! Bis ich etwa 20 Meter von mir entfernt hinter den Früchteständen einen Demonstrationszug wahrnehme, mit verschiedensten Fahnen, meistens in rot mit einem Kopf oder etwas Ähnlichem darauf.... :¨-) Vermutlich war für viele der 1. Mai doch zu friedlich abgelaufen. Auf Krawall kann ich gerne verzichten und darum packe ich meine Malsachen zusammen, - es ist sowieso schon Zeit - und ich verschwinde schnell mit Fahrrad und Anhänger Richtung Prinzenstrasse nach Hause...

 

Hallo!

Hier, falls ich es nicht schaffe, morgen wieder am Kotti uff zu schlagen, meine E-Mailadresse. Ich hatte gestern und heute nämlich neue Sandalen an, eben sah ich Blut im Schuh, Ruckedigu, wie im Märchen, Blasen vom Pflastertreten.

Schönen Abend und tolle Ideen, Sumo

 

 

DI 5.5. Heute hat mich das Wetter zum Narren gehalten und ich bin prompt darauf reingefallen. Die Medien haben vor grosse Verwüstungen wegen Sturm und Regen gewarnt, sogar einen zerstörenden Tornado hat es 200 km nördlich von Berlin gegeben. Wenn möglich solle man deshalb zu Hause bleiben. Wie kann es aber da sein, dass die Sonne um 15 Uhr wieder so listig spienzelt, als sei gar nichts gewesen? Morgen hält mich dann das bisschen Regen nicht mehr vom Malen ab, das schwöre ich mir!!! Um jetzt noch etwas Sinnvolles anzustellen, beschliesse ich, kurz mit dem Fahrrad nach Kreuzberg zu fahren, ohne Anhänger, um das FHXB Museum (Friedrichshain- Kreuzberg Museum) zu besuchen, das das Gedächtnis des Bezirks sein soll. Bis 18 Uhr soll es offen sein und um 17:30h stehe ich vor der Türe. Gestern hat mir Sumo gesagt, dass ein Besuch empfehlenswert sei, dass aber 30 Minuten für die Ausstellung reichen. Ich komme in die erste Etage des Museums. Die Türe ist zu und sie hat weder Türklinke noch Knopf, einfach nichts… Ich steige zwei Treppen hoch in die 2 Etage und dort die gleiche Türe ohne Klinke nichts… Ich steige in die dritte Etage und das gleiche Bild, weder Knopf noch Klinke. Doch dann entdecke ich auf der Wand daneben eine Klingeltaste. Ach wie bin ich dumm, denke ich, klar, ich muss natürlich läuten um das Museum besuchen zu wollen. Und als untadelige Schweizerin will man ja richtig vorgehen. Also steige ich alle Treppen wieder hinab, um in der 1. Etage der Ausstellungsräume zu läuten. Aber nichts bewegt sich. So steige ich in die 2. Etage und läute dort wiederum und warte… auch hier reagiert niemand hinter der verschlossenen Türe. Aber ich gebe mich nicht geschlagen und steige noch siegessicher in die 3. Etage, um zu läuten… und wiederum NICHTS! Nun schaue ich mir das Symbol auf der Klingel genauer an…. Dann schaue ich ahnungsvoll an die Treppenhausdecke - und mir wird klar, dass ich überall das Licht angeschaltet habe. Am helllichten Tag!!!

 

HALLÖCHEN! 5.5.

Habe in Deinem Blog gestöbert - das ist ja sehr viel mehr als nur "ein Dach über dem Kopf", volles Programm sozusagen. Da lernst Du Berlin von vielen Seiten kennen. Die "WG in nett" ist ja auch toll, eine Chance, Gleichgesinnte zu treffen, den Tag gemeinsam ausklingen zu lassen. Wie Klassenreise - nur freiwillig. Ich schätze, dieser Aufenthalt stellt die Weichen für so einiges.

Bis bald mal, Sumo 

 

Mila Doris, 6.5.

Casto na tebe myslim a sleduju tvuj  berlinsky blog, vtipne postrehy, zazitky, pocity a situace, ktere by clovek nevymyslel. Tesim se az budes obrazy z berlina nekde vystavovat, prijedu se podivat.

Pokousim se obcas neco namalovat, ale oleje se porad "bojim",takze zatim akvarel, tesim  se  na srpen, az se uvidime na hostyne.

Preju ti hodne sil a inspiraci a taky pekne pocasi k malovani.

Zdravi alena

 

MI 6.5. Wiederum auf dem Kotti Platz. „Du warst schon hier und mit dem gleichen Bild.“ Ich erkenne ihn wieder, den jungen Clochard, doch heute spricht er noch nicht mit schwerer Zunge…. kein Wunder, ich bin ja auch zwei Stunden früher da. Dann steht er vors Bild und meint mit fachkundiger Mine: „Na, sieht gut aus… könntest du mich nackt malen?“ „Ja klar, aber hier auf dem Platz!“ gebe ich zurück. Er lacht und geht mit der Flasche Bier in der Hand zu seinen Kumpels.

 

 

Hinter mir steht schon ein Weilchen ein Mann mit Fahrrad, dazu kommt jetzt eine Frau. Ich nehme Gesprächsfetzen war….sie sprechen über die Bullen, schon sieben Stunden sind die hier… und wenn eine Frau dabei ist, ist es immer Scheisse - und schaut zum Szenenmillieu.

Jetzt kommt noch ein Dritter dazu und schaut kurz aufs Bild und meint, das muss man von Weitem anschauen und positioniert sich hinter mir. Ich höre ihn sagen: „ Von hier siehts wirklich gut aus… dann stellen sich alle zu ihm und nun wird diskutiert, vom Stil und vom Können. Das Thema Polizei weicht der Malerei. In diesem Diskussionsfeuer wage ich einen Seitenblick und erkenne, dass der Mann mit dem Fahrrad gepflegt gekleidet ist. Ich denke mir nur, hier beobachtet nicht nur die Polizei, sie wird selber von allen Seiten im Visier gehalten. Wer beobachtet also wen?

Wiederum ein Kunststreit. Ich höre nur noch:“ Scheisse, Kerle! Das ist doch Impressionismus, du hast doch gar keine Ahnung! Wenn ich Geld hab, dann kauf ich eine Leinwand, dann malen wir!“ Die Platzszene scheint verrückt geworden zu sein.

 

Was mich verblüfft, dass ich schon zum x-ten Mal angesprochen wurde…“Du warst doch schon gestern hier!“ „Ja klar, lüge ich“ denn ich mag denen allen nicht erklären, dass es bereits zwei Tage her ist, dass ich hier war. Ist doch egal, die Zeit ist hier so zeitlos... Hinter mir ein Lobgesang …super, genial! Dann geht einer zu seinen Kumpels und sagt beim Vorübergehen „Wow Kunst! Geil!“

Irgendwo schreit ein Fahrradfahrer auf der Strasse laut seiner Partnerin hinterher: „ Engelchen!!! Wenn es grün ist, darfst du nicht einfach fahren, sondern erst wenn die kleine Ampel für die Fahrräder grün wird!!

Immer wieder Hundegebell, oder keifende Hunde, die sich ins Fell kriegen. Der junge Clochard kommt wieder, eine neue Flasche Bier in der Hand und meint:“ Na, da geht ganz schön Zeit drauf!“

Dieser Tag war wirklich randvoll von Begegnungen, Bemerkungen, aufgeschnappten Gesprächsfetzen, so dass ich das Kamerateam zuerst gar nicht wahrnehme. „Sprechen sie Deutsch?“ Schreckt jemand mich aus meiner Konzentration auf. Sie wollen mich beim Malen filmen und dann nehmen sie ein kurzes Gespräch mit mir auf. Die Ausstrahlung sei im TV RBB am 16. Mai um 19 Uhr unter der Rubrik Heimat Journal. (PS.  http://www.rbb-online.de/heimatjournal/archiv/carla-kniestedt-ist-in-berlin-unterwegs--kottbuser-tor-in-kreuzb.html)

 

 

 

DO 7.5. Heute beginne ich ein neues Bild gegenüber der Szene, an einem kargen Platz unter Ahornbäumen. Es windet stark, was an den Plastiktüten, die sich im Ahornbaum verhängt haben, erkennbar ist.

Zwei schon bekannte Gesichter kommen mich begrüssen: “ Hallo Frau Malerin“. Ich versuche die Szene mit der Architektur und dem Kottiwood (Kotti+Hollywood, dem „besten Döner-Laden Berlins“) zu malen.

Ein Beobachter kommt vom Platz her. „Bin ich auch drauf?“ Ich verteidige mich: „Ich muss am ganzen Bild arbeiten…“ Er gibt nicht auf und plötzlich zeigt er auf eine Figur auf dem Bild, die ich vor ein paar Minuten mit wenigen Pinselstrichen gemalt habe. Triumphierend meint er: „ Da, schau, das da bin ich!“ Ich schaue ihn ungläubig an, dann zum Platz mit den Betonsockel, wo tatsächlich jetzt niemand mehr sitzt und wieder zu ihm. „ Schau, das blaue Hemd und so sitze ich immer!“ Wirklich! Er staunt, aber ich noch mehr! Denn der Platz wimmelt nur so von Menschen.

 

 

Fröhlich lachend ruft mir einer zu:“ Wunderschöne kotì, wunderschöne kartina“. Wenn der wüsste, dass ich sein improvisiertes Russisch verstanden habe, würde er mein Schmunzeln jetzt verstehen.

 

FR 8.5. Es ist der 70. Jahrestag der Kapitulation Hitlerdeutschlands, Kriegsende, Gedenktag, Feiertag. Das Kottbusser Tor platzt heute aus allen Nähten, alle sind mit sich selber beschäftigt, so dass ich in Ruhe malen kann. Ab und zu kommt der Mann von gestern zu mir, um sich zu vergewissern, dass ich ihn nicht übermalt habe.

 

Am Abend werde ich von Rohners zum Nachtessen auf den Fernsehturm eingeladen. Unser Tisch steht am Fenster, 207 Meter über dem Alexanderplatz. Damit man keine Seite von der Aussicht über die Stadt verpasst, dreht sich der äussere Teil, wo die Gäste essen. Und fest am Platz ist nur die Küche, der Gang und der Klavierspieler. Die nächsten Minuten werden ein fantastisches Erlebnis. Um 20 Uhr ist alles noch hell, dann beginnt das Schauspiel der Abendsonne, die das Häusermeer verklärt. Je dunkler es wird, um so vitaler beginnt das Spektakel der Grossstadt, das wogende Lichtermeer der Strassen und Häusern. Ich bin überwältigt und sprachlos. Herzlichen Dank Euch beiden! Denn ohne Euch wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, dort hinauf zu gehen.

  

Randdaten. Wieder begegnen wir einem Schweizer: der Architekt und Städteplaner Johannes „Hans“ Schmidt (1893-1972) hatte den idealen Standort für das Prestigeobjektes am Alexanderplatz errechnet. Der Berliner Funkturm wurde am 3. Oktober 1969 eröffnet, viel später als geplant, denn das Projekt musste jahrelang auf Eis gelegt werden, weil durch den Bau der Berliner Mauer das DDR-Budget durcheinander gekommen war. Der Durchmesser der Kugel ist 32 Meter, das Restaurant schwebt in der Höhe von 207 Metern und der ganze Turm mit der Spitze misst 368 Meter. Das war seinerzeit nach dem Moskauer Fernsehturm und dem Empire State Building in New York das dritthöchste freistehende Gebäude der Welt.

 

SA 9.5. Ich male wieder am Kotti Platz und gebe mir Mühe, den schwarzen Himmel so lange zu ignorieren, bis ein sturmartiger Wind aufkommt und mir Fahrrad und Staffelei mit Bild umwirft. Da gebe ich es auf. Ich werde auf dem Heimweg ziemlich verregnet und suche Zuflucht bei einem unscheinbaren italienischen Restaurant an der Brückenstrasse in Kreuzberg, das innen gross mit Schriftzug steht „ponte carlo SLOW FOOD“ – ein bisschen Karlsbrücke, denke ich...

 

 

 

Jana

 

 

SO 10.5 Nun erwarte ich Besuch aus Mähren. Meine Malerfreundin Jana Rozkova mit Mann Jiri und Sohn Jakub kommen nach Berlin.

 

MO 11. 5. Wiederum beim Kottiplatz mit den verschiedensten Begegnungen. Ein Mann: „ Immer noch da?“ Eine Frau:“ Es ist erfrischend, dich hier zu sehen mit deinen Farben.“ Immer wieder die Frage, wie lange ich daran schon arbeite. Die Blumenverkäuferin lobt das Wetter, dass es heute mild sei, denn gestern am Muttertag wäre es sehr stürmisch gewesen, der Wind hatte immer wieder die Vasen mit den Schnittblumen umgestossen. Eine auf den ersten Blick elegant erscheinende Frau meint beim Vorbeigehen zu mir: „ Man erkennt es gleich, wo es ist. Denn wer schon einmal hier war, erkennt den Kotti gleich“…“und hier“, sie zeigt auf mein Bild, „sieht die Szene nicht so schlimm aus.“ Ihr breites Lachen entblösst einen fast zahnlosen Mund. Mein erstaunter Blick folgt ihr. Mit der Bierflasche in der Hand steht sie an der Ampel und geht dann zu ihren Kumpels auf der anderen Strassenseite.

Der Mann von vorgestern will wissen, ob ich jetzt seinen Hund auch in das Bild gemalt hätte. Als ich den schwarzen zerzausten Fleck auf dem Bild zeige, ist er zufrieden und zieht von dannen.

 

 

Sie, die Frau, die vor Tagen, als ich noch gegenüber malte, ihrem Kerl erklärte, dass meine Malerei Impressionismus sei, kommt jetzt mit einer Kollegin zu mir, um mir mitzuteilen, dass einer dieser Kumpel heute Nacht verstorben sei. „ Er war immer dort“, meinte sie „mit Lederjacke…. Ich solle ihn doch bitte noch ins Bild hinein malen, damit er mit ihnen sei. Ein Mann torkelt mit Ikea-Taschen behängt zu mir, das Sprechen fällt ihm anfangs schwer, dann aber ist sein Geplapper kaum zu unterbrechen…“Sind sie Profimalerin?“ „Sind sie reich?“ Er mustert mich neugierig, von Kopf bis Fuss und sagt dann laut, „aber die Knöpfe an ihrem Mantel sind nicht billig!“ „Sie müssen reich sein!“ „Dann haben sie einen reichen Vater;“ „….dann eben eine reiche Mutter?“ „Dann halt einen reichen Ehemann?“ Er wird immer vertraulicher „Hast du einen Ehemann, oder ist er längst abgehauen?“ „ Du trägst aber gar keinen Ring?“ „Ziehst du den immer ab, oder hast du keinen?“. Und so geht die Fragerei weiter, quer durchs Leben. Plötzlich ist er nachdenklich, dann kommt’s. „Du bist aber auch nicht mehr die Jüngste!“ Ich zucke etwas zusammen und warte auf ein derbes Urteil. „So zweiunddreissig!“ Ich lache laut und erleichtert auf, das macht ihn etwas unsicher, dann meint er etwas betreten: „Ich sehe ihnen halt nicht in die Augen.“

 

 

 

DI 12.5 Gestern haben Jana, Jiri und Jakub auf eigene Faust die Stadt erkundet. Heute will Jana auch malen. Ich höre von Rohners vom Türkischen Markt Neukölln, der gleich hinter dem Kotti liegt und sehr empfehlenswert und originell sei. Er findet jeden Dienstag und Freitag von 11-18:30 Uhr statt. Jana und ich fahren mit den Fahrrädern und meinem schweren Malwagen dorthin, mit dem Hintergedanken, das Markttreiben zu malen. Am Standort angekommen, sinkt mir der Mut. Die Marktstände dicht an dicht und unendlich lang aneinander gereiht, mit allem Erdenklichen, Gemüse, Früchte, Knöpfe, Stoffe, Essen, Gewürze, Zahnarztgeräte, Spezialitäten, Fleisch, Fisch – einfach ALLES und in allen Farben! Für das Auge eine Pracht, aber zum Malen einfach zu überladen und zudem hat es fast keinen Platz für eine Staffelei.

 

 

 

Wir kommen zum Schluss, ein anderes Motiv zu suchen und fahren zurück. Jedoch nur ein paar Meter. Dort finden wir einen Park, mit ein paar Bänken und Bäumen, mich ziehen die Bänke magisch an, ich habe irgendwie müde Beine. Und ich überzeuge Jana, dass ich heute überall male, wenn ich nur absitzen kann.

 

So belege ich eine Bank. Die Bank vor mir mit meinem Bildausschnitt bevölkert eine Zigeunerfrau mit ihren Kindern. Jana, nicht weit von mir entfernt, setzt sich in den Schatten eines Baumes. Heute ist es angenehm warm! Mit der Wärme wird der Platz auch voll besiedelt. Und uns wird bewusst, dass wir am „Romaplatz“ sind. Wir werden zum offiziellen Interesse, vor allem Kinder sammeln sich um mich zuhauf und kommentieren alles in rumänischer Sprache, nur die wenigsten können Deutsch. Ein wiffer Junge kann es nicht lassen und muss mit dem Finger ins Kadmiumrot tapsen. Etwas erstaunt über die pralle Leuchtkraft der Farbe, will er schon zum Brunnen rennen. Ich halte ihn gerade noch auf und reinige mit Terpentin und Lumpen seine Finger. Ein Seitenblick zu Jana, und ich sehe, das auch Jana ein Mädchen am Putzen ist, dieses hat aber beide Hände voll von Farben! Ein älterer Herr nimmt neben mir auf der Bank Platz, seine Frau im Rollstuhl stellt er dazu. Als er sitzt, wühlt er in seiner Tasche und findet eine Flasche Bier, die die Zwei genüsslich Schluck für Schluck teilen. Als sie zum Gehen bereit sind, verabschiede ich mich von den beiden, ohne dass ich vorher ein Wort mit ihnen gewechselt hatte. Jetzt nimmt mich der Mann ins Visier und meint: “Sie haben ja schon letzte Woche auf dem Kotti gemalt, nicht wahr?“ „Ich habe sie gleich wieder erkannt!“ Jana und ich sind uns einig, für einen Tag reichte dieser Platz, auch wenn die Bilder nicht unbedingt fertig sind. Für den morgigen Tag möchten wir dann doch ein ruhigeres Plätzchen finden.

Berliner Tage

Alexander Platz, U-Bahn, S-Bahn, Metro Tram, Ostbahnhof, Eberswalder Strasse, Potsdamer Platz, Kottiplatz, Hackescher Markt und mittendrin, mit Leinwand, Farbe und Pinsel, unbeirrt, fleissig schaffend, Doris. So erlebten wir Doris bei unserem Besuch in Berlin.

 

Friedrichstrasse, Unter den Linden, Deutsches Historisches Museum, Siegessäule, Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche, Kurfürstendamm, Bernauer Strasse, Jüdisches Denkmal, Checkpoint Charlie, Gendarmenmarkt, Türkischer Markt, Regierungsgebäude, Schweizer Botschaft,Clärchens Ballhaus, Potsdam und ein Hauf von Galerien. Von Berlin bekommt man nie genug.

 

Eine Schifffahrt auf der Spree, geduckt unter den Brücken durch, in die Nacht eintauchen auf dem Fernsehturm, angeregte Gespräche mit nicht minder gelungenen Gaumenfreuden, abgerundet mit guten Weinen aus Deutschland, Italien und Mähren, zu unserer Freude zusammen mit Doris.

 

Zu schnell verflossen die Tage und Nächte in Deutschlands Hauptstadt Berlin. Ganz herzlichen Dank Doris. Alles Erlebte auf dem Besuch bei dir, an der Auguststrasse 83 in Berlin, modellieren wir zusammen zu einer Skulptur, die in uns aufgestellt ist, an einem unvergesslichen Ort.

 

Berlin Alexander Platz ---- Berlin Doris

 

Vreni und Getti Hanspeter

 

 

Abends verbringen wir alle mit Rohners einen gemütlichen Abend in Clärchens Ballhaus. Während wir essen, wird in der Saalmitte Tanzunterricht erteilt. Nach langem Rätseln erklärt uns der Tanzmeister, dass es Tango sei. Draussen tobt ein schweres Gewitter, grün gelbes Licht dringt in den Ballsaal und ein erfrischender Regenduft erfüllt den Raum.

 

 

Hackesche Höfe

 

 

 

 

MI 13.5. Wir haben den Hackeschen Markt gefunden und stellen unsere Staffeleien auf. Das gestrige Gewitter hat die Stadt abgekühlt, im dicken Mantel stellen wir unsere Staffelei inmitten eines kleinen Parks auf. Die Ruhe ist ungewohnt, Leute gehen zwar nah an uns vorbei, sind aber sehr diskret, nach dem gestrigen Tag und den lebendigen Tagen zuvor, fehlt irgendwie etwas. Nur die nahe Fussgängerzone und eine rege befahrene Tramlinienkreuzung stört die Stille. Ich fühle mich erholt und beginne ein neues Bild in der Grösse 70 x 85 cm, an dem ich jetzt mehrere Tage arbeiten will. Jana sitzt etwas weiter oben im Grünen unter einem Baum, dessen Äste sich sanft im Wind wiegen.

 

DO 14.5. Wir sind wieder auf dem Malplatz und erfreuen uns der Ungestörtheit. Doch plötzlich steht ein Tram still und versperrt uns die Sicht zum Motiv. Und dahinter gleich ein zweites Tram, bald ein drittes, ein richtiger Strassenbahnstau! Soviel unbewegliches Gelb vor unseren Augen nervt. Nun nehmen Männer „die Nase“ von kaputten Tram weg, ziehen eine Art Anhängervorrichtung hervor, stecken sie zusammen, und ich juble schon heimlich, dass jetzt abgeschleppt wird. Doch nichts dergleichen. Nach kurzer Zeit wird alles wieder abgehängt und alle Teile wieder anmontiert, doch dann….dann fährt das Tram nach 30 Minuten Reparaturzeit weg. Endlich! Jetzt können wir ja weiter malen…..doch die Rechnung geht nicht auf! Jetzt zuckeln nämlich alle „aufgestauten Trams“ wie eine Giftschlange vor uns vorbei. Gegen so ein gelbes Defilee haben wir keine Chance und müssen aufgeben!

 

   
 

 

FR 15. 5 Anstatt zu malen beschliessen Jana und ich, den grössten Humana Second Hand Europas zu besuchen. Wir quetschen uns lachend in eine Umkleidekabine und probieren und probieren. Es war von ausser sicher zu hören, dass die Kabine voll besetzt ist. 

Auf dem Foto kann man unsere „Morgen Arbeit“ sehen.

 

 

Dann gehen wir zu Fuss wir zum Bahnhof Friedrichstrasse und der Spree entlang zum Reichstag, bewundern dort die moderne Architektur, gehen weiter bis zum Hauptbahnhof und kehren schliesslich zurück nach Hause zur Auguststrasse. 

  

 

Hello Doris it if Friday night. I have worked hard all week. Hard. Paddy put his boat in the sea today. I went for a walk with Bridin this evening and had a glass of wine.,now I think of you and what means something to me. My garden, colour life. Then I think of you, and painting, life. Now I am drinking another glass of wine and and watching the film, The Impresssionists. I am so happy to know you Doris and to always SEE life as it s xxxx thank you xx

Christine Brewer www.mill-little.com

 

 

 

 

SA 16.5. Es ist wieder kühler geworden und wir malen weiter an den Hackeschen Höfen. Starker Wind, dunkler Himmel, der abgelöst wird von einem weissen weichen Schleier in der Ferne. Regen liegt in der Luft, doch wir halten durch, bis der Regen zu stark wird und wir zum zusammen packen gezwungen werden.

Anfangs Mai bin ich ja vom TV Team RBB, beim Malen am Kottbusser Tor gefilmt worden und heute abend ist die Ausstrahlung der Sendung „Heimatjournal“; in der 13:28 Minute* tauche ich kurz auf.

 

* Leider klärt man auf: „Die aufgerufene Seite existiert nicht mehr. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wegen rundfunkrechtlicher Vorgaben der rbb wie alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten viele Inhalte in seinen Onlineangeboten nicht mehr für unbegrenzte Zeit anbieten darf. Welche Inhalte der rbb wie lange anbieten kann, ist innerhalb des Telemedienkonzepts für das Angebot rbb Online beschrieben.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.“

 

 

 

Emails Reaktionen auf den TV Bericht/ reakce na TV porad

http://www.rbb-online.de/heimatjournal/archiv/carla-kniestedt-ist-in-berlin-unterwegs--kottbuser-tor-in-kreuzb.html

 

 

Tolle Sache mit dem RBB-Bericht zum Kottbuser Platz. Die Reportage ist so schon gut, und mit der Malerin grad noch mal besser.

Bei der Gelegenheit habe ich wieder einmal in deinem Blog geschmökert. Er ist reich, er hat lässige Fotos, er ist gut beobachtet und gut geschrieben!!!

Herzliche Grüsse

Hannes

 

Dobrých bylo, tech par vterin :) , jsi medialni hvezda !

Objimam te                      

magda

 

V tý telce ti to sluší! Mohli to natocit i delší. Maruna

 

Great Doris, saw you on TV! Looked like a fascinating place to paint too. Xxx

Christine Brewer

www.mill-little.com

 

Liebe Doris, Das ist Super, du bist echt ein Star. Aufnahme an rbb ist gut, die Schweizer Malerin. Weiter so. Gruss aus Basel. Ljiljana Meder, Zangbieri Galerie

 

Ahoj Doris,

gratuluji ke skoro pulminute slávy na berlínské TV, a to ješte v sobotním primetime!

Mej se krásne. Víta

 

Podivala jsem se na odkaz na berlinske zpravy, zajimave  informace  navzdory moji bidne nemcine, no a v typickem kloboucku, levackou malujici vesele obrazky Doris - dokreslujici pestrost berlina.Preju ti jeste hodne nametu a zajimavych setkani. Vzdycky me moc a moc  inspirujes a tesim se jak dosecu travu na zahrade a dam se do nejakeho malovani.

Zdravi te  alena

 

Ahoj Doris,

celou dobu Ti fandím a preji úspech. At se Te darí v cizine, doma ve Švýcarsku, v Cesku i v Podevousích! Vašek.

 

Hallo Doris,

Ja, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort mit den richtigen Leuten - fame! Dann viel Spass weiter so...

Gruss von unten nach oben. mary

 

To je parádní! S láskou Jitka H.

 

Doris, to je úžasná zpráva. Moc gratuluji. Radka P.

 

Bombasticke, videli jsme te. Mark rekl, ze je to very deep and intelectuelle. Jsi televizni hvezda!!!! Decka te take videly. S laskou, Katka R.

 

Hoi Doris

War ein ganz interessanter Bericht von Kreuzberg und in deinem Bild fand sich der ganze Bericht vorher wieder!

Ich wünsche, dass du viele Bilder gut verkaufen kannst.

alles Gute und viele Grüsse Marta S.

 

Ahoj a blahopreji k dobyvani berlína!!!zdraví z recka zdenek z.

 

Huhu, starte gerade mit dem Texten - freut mich, wenn/da Du hier berühmt wirst. "Die Malerin vom Kotti", mit freundlicher permanenter Unterstützung der Stadt Berlin.... Sumo

 

Wow, Doris, du bist ja echt in den Medien!

Gratuliere dir, auch zum entspannten Sommerhut, all nice!

Ich hab mir den ganzen Film über Kottbusser Tor angeschaut, danke, war interessant, hab was gelernt … und das erste Mal ein gemaltes Bild von dir gesehen! Tschüss Valentin

 

 

  

 

Zuzanka und Vìra

 

 

SO 17.5. Rozkovis reisen am frühen Morgen mit Sack und Pack ab. Und ich bereite die Wohnung auf einen nächsten Besucherwechsel vor. Um 18 Uhr trifft ein tschechisches SMS von Zuzanka ein: “Ich sitze in „Meine Bar“ in der Auguststrasse 61 es wird Jazz gespielt und die Kneipe hat eine super Atmosphäre wie auch der Beizer. Kommst du oder soll ich zu dir kommen?“ Als ich in Meine Bar komme, treffe ich nicht nur Zuzanka an, sondern auch Vìra, die ich vom Malen in Sazava kenne. Sie hat kurz entschlossen einen Abstecher nach Berlin gemacht um Zuzanka zu begleiten. Was, du rauchst hier drinnen? Frage ich Zuzana erstaunt. Ja klar, ich habe den Beizer gefragt, ob ich hier rauchen darf, und er meinte nur trocken, ja sowieso, die die nicht rauchen, sollen draussen sitzen.

 


 

 

Noch bei der ersten Begegnung in 'Meine Bar' hat Vìra erklärt, sie hätte im Fall ein Hotelzimmer gebucht, denn sie sei eine eingeschworene Individualistin. In der Auguststrasse kochen wir uns ein Abendessen, öffnen Wein, reden und reden, öffnen Wein, reden… und Vìra blickt, je später der Abend wurde, immer öfter auf die Uhr, ob sie die Metro zum Hotel noch schaffe? Irgendwann wird es mir zu bunt, ihr bei mir ein Nachtquartier aufzudrängen. Ich lege einen Wohnungsschlüssel vor sie hin. „Hier hast du den eigenen Schlüssel, du kannst kommen und gehen, wie du willst.“ Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen….denn bis ich nun ins Bett komme, wird es Morgen. Aber am Montag werde sie im Hotel schlafen. Was sie dann auch tat.

 

 

 

MO 18.5 Zuzana und Vìra schauen sich Berlin an und mich zieht es nochmals zu den Hackeschen Höfen, um weiter zu arbeiten. She is drawing, she ist drawing“….und zum dritten... zum sechsten Mal, „she is drawing“….Ich drehe mich nicht um, denke, will mich hier jemand veräppeln und Zuzanas Stimme ist es nicht, denke ich! Dann höre ich wieder:“ She is drawing, sie malt!“ Jetzt reichts dann aber, denke ich… Als es plötzlich still ist, drehe mich doch um, doch schon ist niemand mehr hinter mir. Dann schaue ich Richtung Tram und ich sehe gerade noch zwei junge Frauen mit Kinderwagen sich entfernen.

 


 

 

Ich möchte das Bild heute unbedingt beenden und male was das Zeugs hält. Dieser Malplatz ist mir einfach zu ruhig, zu ordentlich, zu „steril“!

 

DI 19.5. Zuzana und ich verabreden uns am Türkischen Markt, ich radle mit meinem Fahrgespann ca. 3.5 km Richtung Kottbusser Tor. Zuzana nimmt die Metro und ist bequem in ein paar Minuten dort, während ich schweissbadend hinflitzte. Ich erwerbe an einem Marktstand niedliche Fingerpuppen, Schwein, Huhn, Kuh, Pferd, Maus, Affe. Diese Minizoo animiert Zuzanka spontan, ihr verborgenes schauspielerisches Talent zu erproben. Sie bemerkt nicht, dass sie nicht nur für mich spielt, sondern rundum Klein und Gross entzückt.

 

 

 

 

Wir gönnen uns eine Pause bei einem Kaffeewagen „expresso&chocolat“, ich bestelle Kaffee und Cappuccino. Ich flachse mit dem Verkäufer und klopfe dumme Sprüche, da plumpst aus seiner Hand ein Centstück vom Rückgeld in meinen Kaffee. Mit entsetzten Augen schaut er mich an: “Oh weia, was mache ich jetzt? Das ist mir noch nie passiert.“ Mit einem langstieligen Löffel versucht er, die Münze herauszufischen. Ich wehre ab, nein nein, ich schlucke sie dann einfach runter. Unter dem Gelächter der Umstehenden gehe ich mit den Bechern zur verwunderten Zuzana. Als ich meinen Kaffee schon fast ausgetrunken habe, kommt der Herr nochmals an unseren Tisch und bringt mir eine Serviette für das Geldstück. Tatsächlich kommt unten am Boden ein Zehner zum Vorschein, der goldig glänzt. Ob der auch vorher so goldig und so sauber aussah? Wie die letzten Tropfen Kaffee schmeckten, fragt lieber nicht, aber ich weiss jetzt wie Geld schmeckt! :-D

 

 

 

 

 

Im Malwagen liegt noch mein Romaplatzbild vom 12.5. das ich genau vor einer Woche begonnen habe. Ein Tag Arbeit an dem Bild hat damals einfach nicht genügt. Die Valeurs stimmen überhaupt nicht und generell erscheint mir das Bild etwas fade. Zuzana setzt sich zu mir auf die Bank und berichtet mir ihre Eindrücke der Farbigkeit, vom Platz, von der Brücke, von den Bäumen. Das hilft mir sehr, denn als ich es umsetze, bekommt das Bild die erforderliche Frische. Die Zigeunerkinder erkennen mich sogleich und kommen angerannt: “Mama Mama…“ und den Rest verstehe ich nicht mehr... Zuzana zeichnet einen Mann auf einer Bank in unserer Nähe. Er setzt sich in Abständen immer wieder in eine neue Pose, als ob er spürt, dass er fixiert wird. „Immer bewegt er sich“, schimpft Zuzana etwas entnervt. Ich sehe sie nur gross an.

 

  

 

Der heutige Dienstagabend an der Auguststrasse ist dem Abschied von Vìra gewidmet, die morgen abreisen will. Zuzanka gibt nochmals eine Reprise von ihrem Fingerpuppenspiel zum Besten und wir amüsieren uns köstlich. Der Abend dauert wieder bis in die Morgenstunden.

 

 

DI 19.5. Dear Doris you do not know how important, it is for me to know you! You keep me in touch with the reality of life, you keep me looking and seeing. Whenever I paint with you I come back to a place of being and seeing! I thank you for that. I have just re watched the film of the Impressionists and also Van Gogh. I crave time to be and see. My love to you xxx and my thanks xxx Christine Brewer www.mill-little.com

 

19.5. Ahoj Doris :-D Jak se docítám z blogu tak Katka je doma u skvelých detí a své drahé polovicky. Líbí se mi  jak se kamarádky u tebe hezky strídají a nyní prijíždí Jana i rodinkou. Myslím si, že te to VELMI poteší. Znám i jine spolužacky, ale vy /Doris, Jana a Katka/  se mi zdáte nejvíce pohodové a k sobe JAKSI PATRÍTE a vzájemne se doplnujete.  Já nyní opet trávím cas v nemocnici, páni dochtóóóóóri se starají a hezké sestricky obletují. Zacínám trošku rehabilitovat a mezitím kouknu z nudy na net. Jinak dosti ctu a poslouchám  v uších muziku. Papa hezké a pohodové chvíle preje Marcel.

 

 

 

MI 20. 5. Mein Laptop hat wieder mal seine Launen, so dass ich ihn in den Service am Alexanderplatz bringen muss. Vìra ist weg und ich freue mich schon auf heute Abend, wo ich endlich früher zu Bett gehen kann. Ich zeige Zuzana den Humana Second Hand beim Alexanderplatz. Ist es den langen Nächten der vergangenen Zeit zu verdanken oder berauscht uns die Fülle der Kleidermenge, in denen man ersaufen könnten, dass wir etwas übermütig sind und zu einer schrägen Hut-Show inspiriert werden, die wir fotografisch festhalten. Nicht nur die Hutmode ist zeitlos, wir werden es auch. Ganz vertieft in unser Tun hören wir zwar ab und zu Wortfetzen aus dem Publikum, wie „schön“ oder „lässig“. Aber das wir zu einer Unterhaltungsshow für den ganzen Secondhandshop geworden sind, wird uns erst bewusst, als wir endlich den Laden verlassen.

 

 

Auf einer Bank essen wir unser „vergessenes Mittagessen“ und lesen Vìras verrückten Abschiedsbrief, verrückt, weil sie ihn komplett in Spiegelschrift geschrieben hat. Zuzana sagt noch, jetzt genau um diese Zeit fährt Vìra im Bus nach Hause. Und ich darauf, „Gott sei Dank so kann ich mich ein bisschen von den hektischen Tagen erholen“. Da klingelt mein Natel. VÌRA: „ Doris, mein Bus kam NICHT, kann ich nochmals zu euch kommen? Und so kam ich einen Tag später unerwartet zu einem zweiten, herzlichen, spiegelschriftlichen Abschiedsbrief.

 

Definitiv letzter Abschiedsbrief von Vìra 

 

 

DO 21. 5. Zuzana träumt von Liegestühlen, so packe ich alle Malsachen für mich und für sie und radle an die Spree, in einen Park gegenüber dem Dom. Die Sonne scheint, doch sooo warm ist es jetzt auch wieder nicht. Ich entschliesse mich für den grünen Durchblick, dass heisst Bäume mit viel Rasengrün, mit bunten Farbtupfern von Menschen, die im Gras sitzen, liegen, schlafen, diskutieren. Im Hintergrund guckt nur ein Teil des Fernsehturmes und zwei Häuserfassaden durch das Laub. Zuzana verliert den Mut und will nun doch nicht die Liegestühle malen. Statt dessen geht sie auf eine Stadttour mit dem Bus. Am Abend kommen Martin und Maruna aus Prag angereist, pardon aus Tetín genau gesagt!

 

 

21.5. Hoi Doris ha wider mal din blog duregläsä, du hesch der ja mega vil Hintergrundwüsse aageignet, isch würkli interessant. Ich gang jetz au no echli is Atelier go male, s'rägnet und rägnet bi üs.....dänk wi bi dier. Machs guet!!!! Iris

 

 

 

Ahoj Doris! 21.5. Moc a moc ti dekuji za krásný pohled! Líbí se mi tvuj blog, je videt, že si bóhémský život umelkyne v nemecké metropoli opravdu užíváš:-)) Doufám, že v duchu tvé publikace z Kovárny vyjdou tvé "Berlínské deníky" také knižne:-). Verím, že ti Berlín prináší spoustu inspirace a moc rád slyším, že se tam máš dobre! Mej se hezky! Standa

 

 

 

 

FR 22. 5. Ich fahre zum Spreestrand, das Wetter ist schon wärmer und angenehmer. Zuzana schaut wieder sehnsüchtig die Liegestühle an und verkündet dann doch: nein heute nicht. Ich male am Bild weiter, und verzweifle wie immer an den verschiedensten Grünnuancen. Zum Glück kommt irgendwann Zuzana zurück und ich mache eine Pause bei einem Bier. Maruna und Martin sind auf Museumsbesuch.

 

 

 

SA 23. 5. Langsam scheint wirklich der Sommer ausgebrochen zu sein. Ob man dem Gefühl trauen darf, Berliner Wetter ist doch sonst so wechselhaft? Ich habe ein Treffen zum Kaffee mit dem Schweizer Maler Albrecht Schnider. Wir führen ein angeregtes Gespräche über die verschiedensten Themen, über die Malerei, das Leben, die bäuerlichen Wurzeln, die wir beide haben und wie uns das im Leben prägt.

 

Wieder auf meinem Malplatz, wirkt der Himmel auf einmal sehr dunkel, doch lasse ich mich nicht beeindrucken und male weiter. In den letzten Tagen habe ich festgestellt, dass sich die Strassenmusiker immer von Zeit zu Zeit abwechseln. Einmal ein Afroamerikaner, der Reggae und alles singt, aber mich ein bisschen zur Verzweiflung bringt, weil kein Leben und Temperament in seinem Gesang ist. Dann zwei Burschen mit Gitarren, die ziemlich gut spielen. Aber mein Favorit ist und bleibt der Musiker, der gekonnt Dylan, U2, Lennon, B.B. King ect. spielt und singt. Marwolf und Argentinier ist er, findet Zuzana heraus. http://www.marwolf.kuenstleragentur-koepenick.de/vita.html

 

 

 

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Milá Doris, 23.5.2015.

Dnes jsem po delší dobe zase sedla k pocítaci a vidím, jak jsi krásne popsala na Blogu naši návštevu u tebe :-) Je to fakt krásné i s tema fotkama !! Napsala jsi to s takovou poezií!! Musí ti to dát fakt dost práce vytváret ten blog, ale jakou s tím deláš lidem radost :-) Díky moc za vše, ješte z toho žiju. Pozdravuj Zuzanku i Marunu s Martinem a teším se na videnou :-) S láskou Jana R

 

Liebe Doris 23.5

Endlich hatte ich Zeit deinen ganzen Blogg zu lesen, das ist wie ein spannendes Buch! Und daran, dass es so umfangreich ist, habe ich gemerkt, wie schnell die Zeit vergeht. Du hast ja schon Halbzeit. Deine Schilderungen erinnern mich an meinen Besuch in Berlin vor ein paar Jahren und es kommt mir so vieles bekannt vor, sogar die berühmt/berüchtigte Berliner Schnauze… Ich freue mich, dass es dir gut geht und du so vieles erlebst. Ich habe Alltag halt. Nein, so ereignislos ist er auch wieder nicht. Am nächsten Mittwoch fliege ich mit einer Kollegin für 5 Tage nach Cornwall. Obwohl es Englands Malerecke ist, werde ich keine Möglichkeit haben eine Staffelei aufzustellen; wir werden viel unterwegs sein. So werde ich halt wie so oft Fotos machen und vielleicht zuhause malen mit einer hoffentlich lebendigen Erinnerung. Übrigens, ich habe einen Blick in das fast fertige Melchtalbuch werfen können. Der Grafiker Peter Halter gestaltet da ein Schmuckstück, freu dich darauf! Bis bald wieder, ganz liebe Grüsse Doris M.

 

 

Mila Doris, kdyz vzpominam na tebe a Berlin, rikam si, nebyl to jen krasny sen? Ted lituju, ze jsem si nenamalovala zadny obrazek, ktere by mne pripominal, ze jsem to spolecne s tebou opravdu zazila. S laskou a vdecnosti. Zuzana

 

 

 

 

SO 24.5. Am Nachmittag verlässt mich mein Besuch Richtung Tschechien. Draussen ist es sonnig und sommerlich warm. Ich nehme mein Buch und verziehe mich auf eine Bank am Quartierpark gleich gegenüber. Zwei Männer kommen mit einem Kleinkind auf den Spielplatz, ich vermute, Papa und Grosspapa. Das Kind schreit und kreischt immer wieder….Papa! und dann folgt ein Gebrüll. Da platzt dem Grosspapa der Kragen, und ich bemerke neben mir seinen weissen, wuscheligen Haarschopf hinter den Zierbüschen hervorragen: „ Warum muss ein Kind auf dem Spielplatz immer schreien und uns seine Diktatur aufzwingen?!“ Ich kehre zum Lesen zurück. Eine ältere Dame fragt mich, ob noch Platz auf der Bank sei. Ich bejahe und bekomme zur Antwort: „ah, sie sind auch aus der Schweiz….“ und ich lege mein Buch weg. Zum Lesen komme ich heute nicht mehr.

 

 

 

24. 5. 2015 Mila Doris,ve ctvrtek jsem jeste delala nocni sluzbu s bordeaux a s tebou, k tvemu stesti virtualne.Projela jsem cely blog, v obouch recich,trosku mi chybela tvoje mile originalni cestina,ale to by asi v pisemne forme stejne tak pusobive nevyznelo,jinak se mi tvuj blog velice libi,je plny energie,uzasne pestry a lidsky,jako ostatne ty taky. Doris,myslim,ze jsem jeste nemela moznost poznat cloveka,ktery je tak schopny,vsestranne cinny ,uz take na uplne jine urovni a presto pro dnesni dobu neskutecne skromny,plny pokory a dusevni cistoty a jak rikaji vystizne a elegantne nemci bodenständig und nicht hochnäsig.Toz tak a pak si nepripadej jak v raji.No a z toho vseho jsem dostala urcite pocit,ze uz jsou tady andelove,kteri me chcou odtahnout do nebe a proto jsem cekala az vsichni usnou,aby se tak nestalo. Doufam,ze tvoji dalsi hoste nebyli takovi nespavci a ty mohlas dohnat tvuj deficit. Prohledla jsem i vsechny vyroby syru a to i u ostatnich vyrobcu,urcite to zkusim, spousta omylu znamenalo objev,tak proc bysme se bali. Ale ted ostriham nehty a vrhnu se na hlinu, dnes uz jsem konecne taky zalozila pec, urcite pod vliven Berlina. Gute Nacht und viele Grüsse auf alle. Komisch, aber deutsch schreiben macht mir auch Spaß. Jetzt gut Nacht Marie, mein Geld kriegst du nie. Sagen das die Schweizer auch so? Pa Vera

   


 

25.5. Pfingstmontag, mit dem Fahrrad bin ich auf Motivsuche am Paul Lincke Ufer. Überall sitzen Menschen am Ufer, einzeln oder in Gruppen. So was möchte ich malen, aber wie mache ich das? Ich stehe oben und alle sitzen mit dem Rücken mir. An den wilden Ufern blühen die ersten Rosen.

 

 

DI 26.5. Ich fahre diesmal mit dem Malwagen ans Lincke Ufer, fest entschlossen, das Ufer mit den vielen Menschen zu malen. Nur als ich ankomme, bin ich dort fast alleine, keine Menschen und dann fängt es auch noch an, zu regnen.

 


 

 

 

MI 27.5. Von Rohners ist mir empfohlen worden, dass ich mir die Projektausstellung vom Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses doch mal ansehen soll. So besuche ich die Humboldt-Box, die alle Informationen zum Thema in Form einer Ausstellung erklärt. Im zweiten Stock beeindruckt mich der Modellbau von den verschiedenen Etagen des Schlosses. Manche Kästen sind noch leer. Etwas erstaunt schaue ich mir das Ganze an. Da erklärt mir der Aufseher, dass die Vitrinenhäuschen die realen Räume darstellen, wie sie originalgetreu nachgebaut werden. Die Schaukästen, die momentan noch frei sind, werden Zug um Zug projektiert, jeden Monat ein neuer Raum, der dann in Miniaturform hier in der Humboldt-Box dargestellt wird.

 


 

 

27. 5. Mila Doris, zdravim tebe i Berlin. Kde a co malujes? Vzpominas, jak jsme pred tydnem rozjeli naší kloboukovou show v sekaci? Sms od Zuzany

 
 

DO 28.5. Ich höre viel Lob über die ImEx, der Ausstellung in der Alten Nationalgalerie (Impressionismus - Expressionismus). So stelle ich mich erwartungsvoll in die lange Warteschlange. Und wirklich, die Mühe hat sich sehr gelohnt: eine qualitativ sehr hochstehende Ausstellung, die auch ich nur empfehlen kann.

 


 

FR 29.5. Heute ist in der Springer Galerie ein Künstlergespräch mit dem Nidwaldner Polizeifotografen Arnold Odermatt, der heute seinen 90. Geburtstag feiern darf. Da kann ich natürlich nicht fehlen. Er stellt dort seine Fotodokumentationen von Unfallorten aus, die er als Polizist gekonnt festgehalten hatte. Dass ein so tragisches Thema künstlerisch hochwertige Fotos ermöglicht, überrascht mich ziemlich.

 

 

SA 30.5. Wieder mal regnerisch, ein Tag zum Ausruhen und Aufarbeiten von Liegengelassenem.

 

 

 

SO Am 31. 5. erwarte ich den nächsten Besuch. Ich habe den Schlüssel in der „Eckbeiz“ an der Tucholskystrasse 33 hinterlegt. Wie das Cafe genau heisst, kann ich nicht sagen, denn bis jetzt kann ich den Schriftzug nicht interpretieren. Ich suche Terry und Sara in den Kneipen, nirgends sind sie zu finden, aber der hinterlegte Schlüssel ist weg. So gehe ich in die Wohnung….und wo finde ich sie? Beide unter der Decke, am hellheiteren Tag! Dabei ist es heute wieder einmal so ein wunderbar warmer Tag!!!

 

 


 

MO 1.6. Nach der gestrigen anspruchsvollen Begrüssungsabend-Nacht wacht Terry am Morgen auf und klagt über „Haarwurzel –Entzündung“. Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir, dass ich heute getrost auf's Malen verzichten und mich voll und ganz meinen neuen Gästen widmen darf. Es ist trüb und regnerisch. Wir drei schlendern durch die Stadt und kehren im berühmten Kultcafé Einstein Stammhaus im Tiergarten ein. Erstaunlicherweise finden wir einfach so freie Plätze, was meinen Freundinnen normal erscheint, mich jedoch wundert. Ich finde nicht heraus, was denn dieses Café Einstein sooo speziell macht, ausser dass es Wienerisch sein soll. Der geschichtlich besonders wertvolle Hintergrund erschliesst sich mir nicht. So bleibt ihm nur das Attribut Künstlertreff.

 


Auf dem Rückweg holen wir Beatrice und Walti im Tucholskystrassencafe „Keyser Söze*“, wo ich für sie den Schlüssel hinterlegt habe, beim Bier ab.

 

(* Inzwischen hat meine „Matahari Helen“ den für mich unlesbaren Namenszug der Eckkneipe ermittelt: Keyser Söze, ein Gangsterboss, eine fiktive Filmgestalt aus dem Streifen „The Usual Suspects - Die üblichen Verdächtigen“; 1995.)

 

 

 

DI 2.6. Mir lässt das Gemälde von den Hackeschen Höfen keine Ruhe, es ist einfach noch nicht so vollendet, wie ich es wünsche. So kehre ich, dem Wind trotzend, zu dem alten Malplatz zurück und binde meine Leinwand mit Staffelei an die Fahnenstangen. Beatrice und Walti gehen auf Fahrradsuche und Terry und Sara erkunden den Türkischen Markt.

  

 

Breitscheidplatz

 

 

 

MI 3.6. Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg soll mein neues Malprojekt werden. Die 1895 erbaute Kirche lag im Berliner Westen und wurde 1943 im Krieg fast völlig zerstört. Der Hauptturm blieb aber teilweise erhalten und die alte Ruine band der Architekt Egon Eiermann in ein neues, modernes Gebäudeensemble ein, das 1961 eingeweiht wurde.

 

 

Der schlichte Kirchenneubau besticht durch charakteristische Fassaden aus blauen Glasscherben, die in Beton eingegossen wurden und sowohl tags wie nachts spektakuläre Lichtbrechungen erzeugt. Die bizarre Turmruine beherbergt eine Gedenkhalle und ist ein bedeutendes Mahnmal für Frieden und Versöhnung. Terry und ich besprechen dieses neue Motiv. Denn der Kontrast von Alt und Neu und Noch-nicht, betont durch die im Hintergrund in den Himmel ragenden Baukräne, ist betörend!

 

 

Wir besuchen danach das Käthe Kollwitz Museum, das nur ein paar Strassen weiter liegt. Mich fesseln immer wieder ihre expressionistischen Zeichnungen und Grafiken. Den letzten Abend mit Sara schliessen wir im Zosch mit Jazz ab.

 

 

 

DO 4.6. Walti repariert mein rotes Velo, dass vom Rumstehen einen Platten bekommen hat. Terry wagt sich danach auch aufs Fahrrad und mit Walti und Beatrice machen sie zu dritt die Stadt unsicher. Ich fahre zuerst zur Schweizer Botschaft um mit dem Leiter der Abteilung Kultur und Bildung, Herrn Aeschlimann, zu besprechen, wie ich die Schweizer Botschaft malen kann. Am nächsten Montag will ich damit anfangen.

 

Heute aber beginne ich am Breitscheidplatz das Bild mit der blauen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche einerseits, den giftgelben Kräne der umliegenden Baustellen andererseits, zu malen. Auf dem Weg nach Charlottenburg ist um das Brandenburger Tor alles gesperrt, keine Umleitung, nichts signalisiert, der Verkehr kommt zum Erliegen. Auch auf dem Rückweg wurstle ich mich irgendwie durch die verstopften Fahrbahnen, kreuz und quer durch die Stop-and-Go-Autoschlangen. Mit dem Malwagen in der Schleppe wird es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, durch die Kolonnen zu wedeln, wie das andere Radfahrer können. Beim Motiv malen stehe ich mitten auf einer Strasseninsel, das Bild mit der Staffelei binde ich an einen Laternenpfahl, um den Windstössen zu widerstehen, denn bei einer Leinwand Grösse von 70x80 cm wäre es sonst unmöglich zu malen.

 

 

 

FR 5.6. Heute gleicht Berlin mentalitätsmässig Kalifornien, denn die Autofahrer rufen beim Vorbeifahren fröhlich „Bravo“ „Schönes Bild“ „sieht sehr gut aus“, einer klatscht sogar beim Rufen in die Hände. Heute ist es so heiss, so dass ich es barfuss auf den Pflastersteinen nicht aushalte und auf dem Staffeleisack stehen muss. Auch am Abend bleibt es noch so heiss, wie ich Berlin bisher noch nicht erlebt habe. Am letzten gemeinsamen Abend geniessen wir den sommerlichen Abend in den Liegestühlen am Ufer der Spree.

 

 

SA 6.6. Champions League Final. Die ganze Stadt quillt über von Menschen, Fans, Autos, Polizei, Taxis, Limousinen. Ich komme kaum durch den Verkehr mit meinem Malwagen. Den Breitscheidplatz muss ich umgehen, er ist voll von Barcelona-Fans, auf meiner Verkehrsinsel habe ich aber etwas Ruhe. Der Laternenpfahl, an dem ich sonst meinen Arbeitsplatz fixiert habe, ist heute aber belegt, da steht ein Velo angebunden.  Was nun? Ich brauche doch diesen Standort. Kurzerhand missbrauche ich das fremde Velo als Staffelei,um mein Werk weiter zu bearbeiten.

 

Geht doch!

 

 

Die Schlachtenbummler rufen, singen, grölen – Autofahrer werfen mir, der Bildermalerin, Komplimente durch die offenen Fenster zu. Es ist wieder wahnsinnig heiss, so dass der Boden brennt. Am Abend möchte ich ans Brandenburger Tor, das jetzt wegen dem Fussballspektakel immer blockiert war. Auf dem Weg dorthin stehen überall Menschenmengen auf der Strasse, vor allem bei denjenigen Restaurants und Bars, die einen Grossbildschirm stehen haben. Aber beim Brandenburger Tor ist es beinahe menschenleer, nur ein Wachmann, der vor der Absperrung steht und die gähnende Leere hinter ihm beschützt und ein paar Strassenreiniger, die mit dem „Räumschiff“ den Güsel von den vorangehenden Stunden wegräumen. Aber ich bin fast alleine, die etwas verdattert dort steht und scheinbar die Spielregeln des Public Viewing nicht begriffen hat.

 

 

SO 7.6. Die Zeit eilt wie irre, heute Abend ist der letzte Besuch angesagt. Die Wohnung ist vorbereitet. Und bei so einem herrlichen Tag verziehe ich mich mit einem Buch in den Tiergarten. Gestern entdeckte ich nämlich beim Umfahren des Strassenchaos, wie schön vielfältig dieser Tiergarten-Park gestaltet ist!

 

 


Am Abend kommt Jana Vaèiková mit ihren zwei Töchtern Kateøina und Anièka an der Augustrasse an. Nach dem Nachtessen zu später Stunde werden alle Ziele, die sie in Berlin anpeilen wollen, durchgesprochen. Mir wird ob der Vielfalt beinahe schwindlig.

 

 

Schweizer Botschaft

 

 

 

MO 8.6. Die Vaèikovas sind schon früh fit und wach, denn für sie beginnt der Berliner Marathon. Tiergarten oder besser gesagt der Zoo ist angesagt. Das Wetter „sieht“ schön und warm aus und ich kleide mich sommerlich. Heute fahre ich ja zur Schweizer Botschaft und stelle wie vorgängig abgemacht meinen Malwagen mitsamt dem Fahrrad unter dem Vordach ab; die Polizei resp. der Wachdienst ist darüber informiert, dass ich kein verdächtiges Subjekt bin. Die Botschaft zu malen erweist sich als Knacknuss, denn von jeder Seite zeigt sie einen absolut anderen Charakter. Eine mächtige Baumallee verdeckt ausserdem beinahe den ganzen Gebäudekomplex. Doch ich werde bei der U-Bahnstation standortfündig. Bei der dritten Baumreihe, am ersten Baum binde ich wieder meine Staffelei an. Diesmal wage ich mich ans Format 56 x 80cm, denn mein Ziel ist nicht nur das Gebäude der Botschaft auf die Leinwand zu komponieren, sondern den Charakter der Umgebung einzubinden. Denn nach der Bombardierung im 2. Weltkrieg, blieb nur das Schweizer Botschaftsgebäude stehen, alle Häuserreihen darum herum lagen in Schutt und Asche.

 

Und so bewahrte sich bis heute die alte Schweizer Botschaft einen architektonischen Inselstatus im modernen Regierungsviertel von Berlin. Ich werde mir plötzlich gewiss, dass ich meinen Sonnenhut nicht mehr habe. Hat mir den der Wind genommen, ohne dass ich es bemerkte? Als ich endlich die Komposition festgelegt habe und etwas Farbe auf die Leinwand gebracht habe, muss ich zusammen packen. Der Wind macht mir zu schaffen und ich friere in meinen leichten Sommerkleidern….

 

 


 

DI 9. 6. Vom gestrigen Tag klüger, konsultiere ich die Wettervorhersage auf dem Natel: für den heutigen Tag soll es 14 Grad werden. Ich ziehe also mehrere Kleiderschichten an - Zwiebelsystem, wie ich es nenne. Kaum auf dem Fahrrad, muss ich bei der ersten Ampel mein Jäckli ausziehen. Schwitzend komme ich bei der Botschaft an, stelle mein Fahrrad plus Malwagen unter und schon kommt der Wächter heraus um nach mir zu sehen. Ich platze heraus, wie ist es möglich, dass es so warm ist heute? Er lacht entschuldigend, das ist Berlin, man weiss nie! Doch in Verlauf des Tages ziehe ich meine mitgebrachten Kleider ALLE an!

 

 

 

Ich beisse mehrere Stunden durch, auch wenn mich die Farbigkeit des modernen Anbaus mit der Strasse und dem alten Bau arg herausfordert. Erst um 18 Uhr beschliesse ich, es für heute so zu belassen und gehe zu meinem Fahrrad, das alleine und verlassen im Botschafts-Unterstand steht.



 

MI 10.6. Ich erwache aus dem Tiefschlaf und höre Klappern und Schwatzen aus der Küche. Ich stehe schleunigst auf und begrüsse alle etwas schlaftrunken: guten Morgen. Worauf wie aus der Kanone Janas Frage geschossen kommt: „ Víš že ryby krmí mrkvy?“ „Weisst du, dass die Fische Karotten futtern?“ Ich stehe da, völlig perplex und dreimal muss sie mir den Satz wiederholen, bis ich überhaupt verstehe, was sie mir sagen will! Erst als ich einen Kaffee schlürfe, bin langsam bereit, mich mit ihrer Tierkunde zu beschäftigen. Ich fahre wiederum zum Konsulat um an meinem Bild weiterzuarbeiten.

 

 

 

DO 11. 6. Ich male mehrere Stunden am Konsulat, werde aber nicht richtig zufrieden mit meiner Arbeit und übermale das Bild ohne Rücksicht. Am Schluss erkenne ich, dass das Werk ein paar Tage Ruhe braucht, und wir dann weiter sehen werden.

 

 

FR 12. 6. Heute Morgen bin ich zusammen mit Mary und der deutschen Künstlerin Ellen Luise Weise bei der Basler Kunstschaffenden Birgit Krueger zum Frühstück eingeladen. Wir kriegen einen Einblick in Birgits interessantes Schaffen und einen hohen Ausblick auf die Auguststrasse.

 

Danach kundschafte ich weitere mögliche Malplätze aus und radle mit dem Fahrrad durch die Stadt.

 

 

SA 13.6. Mit dem Skizzenbuch unter dem Arm gehe ich nach draussen zeichnen. Nach mehreren Monaten Malen hat mich richtig eine Lust zum Zeichnen gepackt. Die Vaèikovas haben ein 5-Museen-Programm absolviert. Kein Wunder waren Jana und Anièka nicht mehr darauf erpicht, tanzen zu gehen. So zog ich nur mit Katka los - zu Clärchens Ballhaus - und erst zur Morgendämmerung kehrten wir zufrieden wieder heim.

 

 

SO 14. 5. Vaèikovis fahren mit dem Bus nach Tschechien zurück. Und pünktlich um 16 Uhr kommt wie angekündigt Jan in der Auguststrasse an. Beim Anblick unseres Autos wird mir mit einem Schlag bewusst, dass wir in genau 12 Tagen alles wieder ins Auto packen müssen. …alles Gepäck, all die einst leeren Leinwände, die nun zu Bildern geworden sind, wieder die 78 Treppen hinunter und so verstauen, dass alles Platz findet. Das kann ja spannend werden.

  

MO 15.6. Ist das tatsächlich das Berlin, das ich kennengelernt habe, auch heute wieder so wunderbar warmes Wetter? Jan erkundet zu Fuss die Stadt und ich fahre mit Fahrrad und Malwagen an den Alexanderplatz, dort wo ich vor einem Vierteljahr, am 12. März, das erste Mal mit Malen in Berlin begann. Aber jetzt stelle ich mich hinter dem Brunnen auf. Ein Mundharmonika Spieler spielt ausgezeichnet sein Lied, so dass ich ihm mein Kleingeld in den Becher schütte. Doch wird mir bald klar, dass dies pausenlos dasselbe Lied ist, wie ein Endlosband…. Also gehe ich auf Distanz, wo ich die Wiederholungen etwas ignorieren kann. Mein Ziel ist es jetzt, die Leute als reine Farbflecken einzufangen und trotzdem den Tupfen Charakter zu geben. Strassenhändler stellen um mich herum ihre fahrbaren Stände auf. Am Boden dreht sich ein piepsendes Plüschtier und bettelt nach Käufern, nach einer Stunde lassen die Batterien nach und das Piepsen wird leiser, die Intervalle länger.

 

 

Ich bemerke, dass der Mülleimer in meiner Nähe ein beliebtes Durchforschungsobjekt ist, Menschen jeden Alters durchwühlen ihn. Um 15 Uhr beschliesse ich, die Leute zu zählen, die nach Pfandflaschen oder Essbarem suchen und mache unauffällig Striche auf meiner Palette. Plötzlich hört das Viech am Boden auf zu piepsen… Ich schaue mich erstaunt um und stelle erleichtert fest, dass nicht die Batterie endlich auf den „Hund gekommen ist“, sondern der Händler samt Stand verschwunden ist. Doch ich habe mich zu früh gefreut, denn plötzlich ist der Händler mit piepsenden Viech wieder zurück und zu allem Elend kommt noch ein zweiter, der sich auf meiner linken Seite aufstellt, aber ohne Köter. Ein Schwarzer macht sich am Abfalleimer zu schaffen und fischt eine angefangene Portion Pommes Frites aus dem Behälter, die er auch gleich zu essen beginnt.

 

 

Es ist 15:40 Uhr und insgesamt waren schon 20 Personen hier und guckten in den Abfallkübel. Zwei Vietnamesinnen mit Babys kaufen zwei piepsende und mit dem Schwanz wedelnde Plüschhunde. Jan taucht auf und ich bitte ihn, mir ein Bier zu kaufen, denn ich bin kurz vorm Verdursten….Ich male weiter und befürchte, nie mehr im Leben ein Bier zu sehen. Endlich taucht Jan mit einer Flasche Bier auf und erklärt mir stolz , dass er es viel billiger fast einen Kilometer hinter dem Alexanderplatz gefunden hat, wo das gezapfte am Stand nebenan doch so sündhaft teuer sei. Obwohl das Bier schal schmeckt und viel zu warm ist, bin ich ihm dankbar. Um 17:20 Uhr mache ich den 29. Strich auf meiner Palette. Jan fragt: Was machen wir mit der leeren Flasche? Mitnehmen und zurück geben, oder hier spenden? “Stell sie einfach auf den Boden in die Nähe des Abfallkübels und schau, wie lange es dauert...“ Jan schafft es nicht einmal, meine Bemerkung ganz zu hören, schon ist die Flasche weg. Keine 10 Sekunden, es war der 30. Sammler, der unsere Flasche mitnahm. Während ich meine Malsachen zusammen packe, zähle ich weiter: 34 Leute in knapp zwei Stunden. So verlasse ich meine Hutverkäufer und Spielgerätehändler und auch meinen Beobachterposten und fahre nach Hause.

 

 


Am Abend führe ich Jan zu einer typischen Kneipe auf dem Prenzlauer Berg, wo man einen halben Liter Bier für 2.80 Euro bekommt.

 

 

DI 16. 6. Ich trage meine  Malsachen zusammen, als es unverhofft an der Türe läutet. Gianna und Richard Zumstein sind auf der Durchreise und machen einen spontanen Halt an der Auguststrasse. Ich zeige ihnen meine gemalten Bilder und zum Zmittag gehen wir in Clärchens Ballhaus. Als besonderes Schmankerl dürfen wir in den oberen Stock gehen und den geheimnisvollen Spiegelsaal bewundern. Uns bleibt der Atem weg, denn die Zeit ist hier hundert Jahre stehen geblieben.

 

 

 

Nachmittags stehe ich wieder auf dem Alexanderplatz, um weiter zu malen.

 

 

MI 17.6. Ein neues Bild, ein kleines Format 31x45 cm, eine grosse Herausforderung. Am Alexanderplatz will ich den flüchtigen Augenblick mit den vorbeihuschenden Passanten einfangen…

Ein Berliner Original kommt vorbei und meint, dass er mich hier vor x Monaten schon malen sah. Kaum habe ich die Überraschung, dass er mich nach langer Zeit sofort erkannt hat, verarbeitet, kommt ein zweiter: Hallo, du bist wieder da?“ Ich erinnere mich gut an ihn. Haben sich jetzt alle abgesprochen, mich zu überraschen, oder was? Der zweite steht ziemlich lange bei mir und erzählt und erzählt, ja aber das habe ich dir ja schon letztes Mal erzählt, meint er entschuldigend. Er scheint sich an jedes Wort zu erinnern, das er mir damals vor drei Monaten gesagt hat. Also Staunen verlerne ich hier nicht! Auch zeigt er mir, wie man spitzige Pinsel herstellt, nämlich einfach die Ecken mit der Schere abschneiden. Mein verwundertes Gesicht kommentiert er mit einem verschmitzten Lächeln, ja ja ich berate gerne!

 

 

Am Abend fahre ich zum Flamenco nach Charlottenburg. Am Schluss fragt mich eine der Tänzerinnen, was, du bist jetzt das letzte Mal hier…und du kommst NIE MEHR NACH BERLIN? Es erdrückt mir fast das Herz und um nicht vor Rührung zu weinen, verbiete ich ihnen weitere Fragen. Ich lade alle für morgen zu mir nach Hause zur Werkschau in der Auguststrasse ein. Maria sagt spontan zu, dass sie kommen wird.

 

 

Werkschau

 

 

 

DO 18.6. Vorbereitung der Werkschau. Jan installiert die Bilder und ich stelle die Wohnung instand und kaufe Wein und Aperitif ein. Um 17 Uhr kommt Vìra eingetrudelt, und  behauptetet, sie hätte gar nichts von der Werkschau gewusst. Als es wieder läutet, bin ich noch mehr überrascht, es ist Friederich den ich vor mehr als 3 Monaten am Alexanderplatz beim Malen kennen gelernt hatte.

 

 

Es kommen meine Künstlerfreundinnen, Mary und Birgit, Ellen und Maria….. Es wird ein schöner spontaner, lustiger Abend. So wie ich es liebe! Leider muss Birgit schon früh aufbrechen, aber es entsteht noch die spontane Idee, am Samstag beim Eindunkeln eines ihrer Videos vom Stadtschloss auf die Häuserfassade unseres gemeinsamen Innenhofes zu projizieren. Abschied tut weh, so verabschieden wir uns in der Morgenstunde alle voneinander mit einem erleichterten …….bis Samstag!

 

FR 19.6. Die Wohnung gleicht einem Schlachtfeld – Doch die Schlacht habe ich gewonnen und die Feuerprobe, äh Werkschau überlebt. Aber den Elan zum Aufräumen finde ich erst nach ein paar Stunden. Um 15 Uhr kommt Vìra vom Türkischen Markt zurück, nur schnell, verspricht sie und dass sie um 20 Uhr auf den Bus nach Nürnberg wolle. Das dem so nicht sein wird, ist mir schon jetzt klar, denn wenn jemand von mir mit dem Titel „Tödlich Vìra“ gekrönt wird, dann bedeutet das ja schon was Spezielles. Ja, irgendwann gegen die Morgenstunden sind wir dann alle zum Schlafen gekommen...

 

 

SA 20.6. Aufräumen, auf einem Bein stehen, frische Luft schnappen, Leergut zurück bringen und neue Getränke und Knabbereien kaufen und den Abend für die Schlossprojektion vorbereiten…. Der Tag endet ganz ruhig, mir ist's recht. Doch plötzlich läutete es. Ein neugieriger Blick aus dem Fenster, unten gehen ein  mir unbekannter älterer Herr und eine junge Dame durch den Innenhof. Ja, sie kommen tatsächlich zu mir rauf, stellen sich knapp vor und begutachten meine Bilder, die in der Küche, im Gang und im Atelier/Wohnraum installiert sind. In meinem Kopf gehe ich alle erdenklichen Möglichkeiten durch, bis ich einen Anlauf nehme, um zu fragen, wer sie sind. Galerie Villa Köppe Berlin. Ich ringe um Atem, SIE!!??? Meine Verblüffung kann ich wohl nicht verbergen und ich gestehe auch gerade hinaus, dass ich diese Galerie schon von Tschechien aus im Auge hatte, aber dann doch nicht den Mut zu einem Besuch aufgebracht habe. Und nun kramt der Galerist Wolfgang Köppe auch noch „mein“ Email heraus, dass ich irgendwann in einer blauen Stunde dieser Tage verschickt habe….er hält es mir unter die Nase und ich lese und bestätige errötend, ja das war ich!

„Hallo Ihr Lieben, ich schicke die Einladung von Birgit weiter.... kommt einfach zuvor in die Auguststrasse und klingelt bei Windlin...bis Morgen habe ich die Weinreserve wieder aufgefüllt, kommt einfach vorbei so ab 18 Uhr ....unverbindlich spontan, einfach nach Lust und Laune. Ich freue mich auf einen weiteren Abend mit Euch, denn die Vernissage war GENIAL!!!!! Alles Liabi, doris „

 

 

Der Abend verlagert sich dann, als Maria mit ihrem Freund gekommen ist, in Birgits Wohnung, ein paar Fensterreihen tiefer, aber immer noch an der Auguststrasse 83. Birgit inszeniert aus ihrem Fenster auf die Nachbarsfassade, wo Mary Ann wohnt, ihre Berliner Filmarbeit über die Stuckateure, die in langen Arbeitsprozessen die barocken Figuren für die Stadtschlossfassade nachbilden.

 

 

 

 

Als die Nacht tiefer wird, kommt die Idee auf, auch „Dem Himmel nahe“, den Dokumentarfilm über meine Eltern auf der Alp, zu projizieren. Das ist für mich ein sehr berührender Moment, in Berlin am Tisch mit meinen Freunden zu sitzen, vis-à-vis von mir Ellen, und durchs Fenster sehe ich meinen Vater, wie er Käse und Butter macht. Plötzlich schreckt mich jemand aus dem traumhaften Erlebnis auf, schon fünf Uhr morgens, wirklich?

 

 

 

SO 21.6. Schon so früh scheint die Sonne, schon hell draussen? Wann fand denn die Nacht statt? Also stehe auf, um in der Küche einen starken Kaffee zu brauen, das Chaos in der Wohnung ignoriere ich. Es existiert jetzt einfach nicht für mich. Jan möchte etwas von Berlin sehen, aber Fahrrad fahren passt ihm nicht. Also gehen wir zu Fuss los, zuerst Richtung Kreuzberg zum Kottbusser Tor, wo ich so viele Tage gemalt habe. Dann weiter am Paul Lincke Ufer dem Landwehrkanal entlang, bis uns bewusst wird, dass wir uns weiter und weiter von der Stadt entfernen. So kehren wir um und wandern auf der anderen Kanalseite, am Maybachufer zurück Richtung Berlin Mitte. Im Garten von Clärchens Ballhaus kehren wir zum Abendessen ein, nach ca. 10 km Spaziergang tut die Stärkung gut. Zu Hause schlafe ich dann erst einmal auf dem Sofa ein und erwache erst um 22 Uhr. Jetzt räume ich die Küche auf und richte den Frühstücktisch her, denn Montag ist Montag, egal wie anstrengend das Wochenende war!

 

 

 

Ausklang

 

 

MO 22. 6. Verhangener Himmel, als ich aus der Türe trete, tröpfelt es, aber ich lasse mich nicht abbringen von meinem Plan: ich will wieder an den Alexanderplatz, um Menschen einzufangen, noch freier im Pinselstrich, noch gewagter in der Abstraktion. Ich stelle mich neben dem Hutverkäufer auf und frage ihn, wie es aussieht, ob es uns wohl heute verregnen wird…“Nein, es tut nur so..“ Und er hat weitgehend Recht behalten. Der Himmel wird zwar immer düsterer, aber das spornt mich nur zu grösserer Freizügigkeit an. Um 17 Uhr muss ich dann trotzdem der himmlischen Nässe entfliehen.

 

 

DI 23.6. Es braucht heute nicht mal einen Blick zum Fenster hinaus, um gleich zu erkennen, dass es den ganzen Tag regnen könnte. Da ich in zwei Tagen die Wohnung abgeben muss, mache ich mich an die Tiefenreinigung der Küche…

 

Am Nachmittag hellt es zum Glück doch noch etwas auf. So wollen Jan und ich die Galerie Köppe an der Knausstrasse besuchen. Ich bin mächtig stolz darauf, dass ich alles mit der S-Bahn so gut hinbekam. Schliesslich bin ich ja ungeübt, da ich mehrheitlich mit dem Fahrrad unterwegs gewesen bin. Die Knausstrasse finden wir auch, nur die Nummer 19 nicht. Ein Wolkenbruch zwingt uns zum Unterstehen in einem Bushäuschen. Als es etwas aufhört zu regnen, gehen wir die ganze Strasse wieder auf und ab. Unser Umherirren muss aufgefallen sein, denn eine Frau fragt uns, ob sie uns helfen könne. Sie klärt uns auf, dass es oft vorkommt, dass es einen Strassenname in Berlin mehrmals gibt. So z.B. auch die Knausstrasse hier in Friedenau, wo wir jetzt sind. Die, die wir aber suchten, sei im Grunewald. Die Galerie hat nur bis 19 Uhr offen und jetzt ist es schon zu spät, um noch eine neue Adresse aufzusuchen. So zotteln wir, in mehrfachem Sinn wie begossene Pudel, verregnet nach Hause.

 

 

MI 24.6. Des Putzens überdrüssig fahre ich am Nachmittag nochmals an den Alexanderplatz. Ein offenes, spontanes Bild will ich noch malen, ohne jegliche Vorzeichnung, sondern nur farbige Flecken, ob Figur oder Hintergrund. Dann beschliesse ich aber nochmals, es doch mit der Knausstrasse aufzunehmen, diesmal alleine. Zur Belohnung scheint auch die Sonne. Tatsächlich, im Grunewaldviertel finde ich in wunderbarer Lage die Galerie Villa Köppe. So stolz und erhaben wie das Haus auf mich wirkt, so wirkt es auch innen, mit grosszügigen grossen hellen Räumen und überraschender Gemäldeausstellung!

 

 

DO 25.6. Ganzer Tag putzen, packen, wieder putzen. Alles ausser den Bilder, steht nun in Taschen verfrachtet in allen Zimmern. Nach der Wohnungsabnahme treffen wir uns alle noch beim Vietnamesen zu einem Abschiedsessen. Mary, Birgit, Ellen, Lis, Jan und ich. Jan ist seit Tagens nervös, weil er wegen seines mehrmonatigen Amerikaaufenthaltes die Verlängerung seines tschechischen Führerscheines versäumt hatte. Und meiner war eines Tages mitsamt meinem Geldbeutel spurlos verschwunden. Aber so vollgepackte Autos werden ja gerne von Polizeikontrollen herausgepickt. Ausserdem kann ich mich jetzt von meinem Nostalgiefahrrad plötzlich nicht mehr trennen und will es auf dem Dach nach Podìvousy mitnehmen... Jan kann nur noch den Kopf schütteln.

 

  

 

FR 26.6. Frühmorgens erwache im Reisefieber. Und auf leisen Sohlen verpacke ich meine gemalten Bilder zwischen die ungemalten Leinwände. Alles soll zu einem möglichst kompakten Paket geschnürt werden. Mit Jan trage ich später alle Leinwände und Taschen die 87 Treppenstufen hinunter und verfrachte alles ins Auto. Alles hat Platz, sogar Marys Leinwandrolle und Tasche. Als ich jubelnd verkünde, ich hätte noch Platz im Auto….steht Jan plötzlich wie zur Salzsäule erstarrt da. Die Gepäckgummis zur Befestigung des Fahrrads seien unten im Koffer geblieben, ich sollte daher alles noch einmal auspacken. Nein, nein und nochmals nein, rufe ich aus. Ich will eine Schnur finden, dann noch das kräftige Band vom Schlüssel als Sicherung verwenden. Jan aber schüttelt kategorisch den Kopf und meint, man müsste vielleicht Gepäckgummis kaufen gehen. Trotzig will ich das tun und auch wenn es ein paar Kilometer weit ist, und so beginne ich, im Navigationsgerät die Fahrradstrecke zum Hellweg einzugeben.

 

Was jetzt auf der Auguststrasse abläuft, sehe ich erst später im Video, das unseren Auszug unbemerkt festhalten sollte. Jan stampft auf den Boden und ruft entschlossen: “Dann packe ich halt aus“….öffnet hinten das Auto schaut und schaut, kratzt sich am Kopf und schliesst schweigend und unauffällig die Heckklappe des Autos auf, dann dreht er sich aber um und zieht mit einem Ruck seinen Hosengurt heraus. Er fragt: „Hast du auch so etwas?“ Ich: “Ja aber irgendwo im Auto, irgendwo in einer Tasche. Ich fange mühsam nach Selbigem zu suchen an… Schlussendlich werde ich anderswie fündig: unsere zwei Laptoptaschen haben so ideale Schultergurten und jetzt kommt dennoch mein Schlüsselband zum Zug. Mit etwas Geschick schaffen wir es, das Fahrrad windfest und polizeikontrollen-immun auf der Dachreling des Auto zu verzurren.

 

 

 

Die Autofahrt wird abenteuerlich, denn bei jedem Polizeiauto, das uns zu Gesicht kommt, möchte Jan in den Erdboden versinken. Von Dresden nach Vodovody, wo uns Helen an einer Tankstelle unseren Hund übergeben will, fahren wir durch kleinste tschechische Städtchen, natürlich immer direkt durchs Stadtherz.

 

 

Ich habe übersehen, dass Helen vor der Abfahrt in Berlin ein SMS geschickt hat, die Tankstelle liege direkt an der Autobahn D8, wo wir von Dresden nach Prag eh vorbeifahren müssten. Wir benötigen durch unsere Überlandfahrt aber fast doppelt so wie vorausberechnet. Während Jan auf die Technik schimpft, versuche ich angestrengt nachzudenken, wie wohl das Navigationsgerät eingestellt ist. Ob ich statt den schnellsten den kürzesten Weg eingegeben habe?* Unser Weg führt einmal hautnah auf einen Friedhof zu, dann kommt eine Umfahrung des Hindernisses, alles auf kleinen Strassen und Feldwegen übers Land, vorbei an verwunderten Passanten… Mit mehrstündiger Verspätung finden wir uns dennoch.

 


 

 

Syrah, unser Hund, den Helen 3 ½ Monate liebevoll gehütet hat, freut sich unbändig und rennt als Bindeglied von einem zum anderen – alles sind „ihre“ lieben Leute.
Film von Helen:
https://www.youtube.com/watch?v=McE0P-uFUSc

 

 

 

Endlich in Podìvousy angelangt, nehme ich nur das Notwendigste aus dem Auto und gehe schnurstracks, erschöpft und glücklich in die Dorfbeiz zu Trnky, morgen ist auch ein Tag, und irgendwie muss ich zuerst ankommen. Denke ich.

 

 

* PS. Schlussendlich habe ich den Grund für die Irrfahrt gefunden: von Berlin her war das Navi immer noch im Fahrradmodus eingestellt gewesen!!

 

 

 

 

 

 

 

Rückblick Atelieraufenthalt Berlin 2015

 

An diese Berliner Tage vom 9. März bis 26. Juni 2015 denke ich immer wieder gerne zurück. So vielfältig waren die Eindrücke und Begebenheiten, Begegnungen und Veranstaltungen und so bereichernd empfand ich meine Studienzeit in Berlin.


Mein Ziel ist es gewesen, spontan in dieser riesigen Grossstadt zu malen, draussen mitten in den Menschen, bei jedem Wetter, bei jeder Situation. Dazu hatte ich auch Kunstschaffende aus der Schweiz, Tschechien und Irland sowie einen Medienschaffenden aus der Tschechischen Republik eingeladen. Das führte zu einem noch facettenreicheren Programm.


Ich wollte den Puls der Stadt, die Menschen, auf mich und meine Arbeit einwirken lassen, mich dem Unbekannten, dem Überraschenden, hingeben und  gleichzeitig mit meinen Kunstfreunden verschiedene Arbeitsthemen erschliessen.

Durch mein Malen vor Ort erlebte ich an der Art, wie die Leute auf mich zukamen, die verschiedenen Charaktere jedes Stadtteils. Am Alexanderplatz ist man locker und zu einem kleinen Spass und Schwatz bereit. Bei den Hackeschen Höfen und auf dem Potsdamer Platz herrscht eher diskrete Zurückhaltung. Am Westhafen sind wir im Privatbereich der Industrieunternehmer herumgetrampelt. Beim Schweizer Konsulat waren die Passanten eher erstaunt, dass man an so einer menschenleeren Stelle lebendige Motive findet. Und am Kottbusser Tor, dem Kotti Platz, herrschte das unbändige Leben, wie ich es von den Orten meiner Kneipenbilder her kenne.

 

So hat es mich besonders gefreut, dass ich im Herbst 2015  mit einer Berliner Ausstellung abrunden durfte. Am sogenannten Herbstsalon in der Galerie ICON  in Berlin-Mitte habe ich die Gelegenheit bekommen, mich mit meinen in Berlin gemalten Bilder dem Berliner Publikum vorzustellen. Und im Frühjahr 2016, am Auftakt des Frühjahrssalons, war ich in derselben Galerie nochmals eingeladen worden.

 

 

 

 

 

Danke

 

 

Ich möchte vor allem Helen Loritz danken, die mich nicht nur mit all meinem Plunder nach Berlin gefahren hat und Zeugin meines schweren Aufstiegs mit Sack und Pack in die Atelierwohnung an der Auguststrasse 83 gewesen ist. Sie hat mir vor allem den Rücken beim Führen des täglichen Blogs gestärkt, inden sie meine schriftlichen Skizzen möglichst autentisch auf Wahrheit und Möglichkeit geprüft und alle meine Un-deutschen Ausdrücke und Rechtschreibfehler dezent auszurotten versucht hat. Härzlichä Dank Helen, bisch ä Schatz!

 

Der nächste Dank gehört meinem Mann Jan Kutra, der - ohne meine Umgebung zu kennen - die Übersetzung des deutschen Blogs in die tschechische Sprache getreu erarbeitet hat,. Er hat in dieser Zeit in New York gelebt und wegen seiner wertvollen Unterstützung ist es etwas meine Mitschuld, dass er zu wenig Englisch lernen konnte. Sorry Jeno!



Mit herzlichem Gruss an alle, die in irgendeiner Weise mitgewirkt haben


Doris Windlin